Estomihi

Den Gottesdienst zur Predigtreihe “Unterwegs” hält Pfarrer Ch. Mono.

Predigtthema: „In der Fremde oder am Heimatort? – Mit Jesus unterwegs“

Orgelvorspiel

Gottesdienst feiern, und die Balance hinbekommen zwischen schaffen, aktiv sein einerseits und andrerseits innehalten, kontemplativ sich Gott zuwenden.
Jetzt also Sich-öffnen für Gott und ihn feiern.
Dazu sind Sie heute gekommen, auch ich.
Ich bin Christian Mono, und werde als Pfarrer in den nächsten Monaten hier vertreten: Gottesdienst, Taufe, Trauung, Bestattung sowie Besuche zum Geburtstag.
So feiern wir diesen GoDi im Namen des Vaters, des Sohnes und des Hl Geistes
Amen
Am Sonntag Estomihi nimmt uns der Psalm hinein, wie der Beter Gottes Güte, Zuwendung, Liebe erfahren hat.

Psalm 31, EG 715.2

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist

Gebet
Menschenfreundlicher Gott,
mit Deinem Leben hast Du gezeigt, wie Menschen einander lieben können – und auch Dich lieben.
Dafür hast Du den bitteren Kelch getrunken und bist einen schweren Weg gegangen, den wir nachdenken und nachspüren in den Wochen der Passion.
Mit Deiner liebe komm nun zu uns, sei mitten unter uns in dieser Stunde. Hilf uns, Deine Liebe anzunehmen und uns zu freuen an ihr; der Du in der Einheit des Hlg Geistes lebst und lenkst, heute und alle Zeit.

Hauptlied EG 398 , 1-2 In Dir ist Freude

Die Lesung zum heutigen Sonntag stammt aus dem Lukasevangelium im 10. Kapitel.
Zwei Schwestern, zwei Rollen, Aktion und Kontemplation. Wir hören zu und überlegen dabei, wer oder was zwischen den Schwestern wirkt.
38 Als Jesus mit seinen Jüngern weiterzog, kam er in ein Dorf. Dort nahm ihn eine Frau als Gast bei sich auf. Ihr Name war Marta.
39 Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Die setzte sich zu Füßen des Herrn nieder und hörte ihm zu.
40 Aber Marta war ganz davon in Anspruch genommen, sie zu bewirten. Schließlich stellte sie sich vor Jesus hin und sagte: »Herr, macht es dir nichts aus, dass meine Schwester mich alles allein machen lässt? Sag ihr doch, dass sie mir helfen soll!«
41 Aber der Herr antwortete: »Marta, Marta! Du bist so besorgt und machst dir Gedanken um so vieles.
42 Aber nur eines ist notwendig: Maria hat das Bessere gewählt, das wird ihr niemand mehr wegnehmen.«

Liebe Gemeinde,
wutentbrannt knallt Marta die Tür hinter sich zu, rennt raus aus dem Haus. Das war jetzt wirklich zu viel. All ihre Energie legt sie in kräftige, schnelle Schritte. Ihr Blick wäre tödlich. Wie gut, dass niemand auf der Straße ist. So kann sie einfach so emotional sein, wie sie gerade ist. Und gehen. Die Straße hinunter, vorbei am letzten Haus, den Weg bei Schafweide und Feigenbäumen.
Sie geht. Nein: Ihre Füße gehen, ihr ganzer aufgeladener Körper. Ihre Wut geht. Ihre Wut geht mit ihr durch.
Marta geht. Ziellos. Ganz gEFÜHL. Angetrieben von der Kraft der Wut, die sie noch nicht kannte.
„Maria hat die bessere Wahl getroffen.“
„Maria hat klüger entschieden.“
„Maria macht es besser als du.“
„Schau, was Maria tut.“
Maria, Maria, Maria. Das kann sie nicht mehr hören.
Und doch dröhnt dieser Name laut in ihrem Kopfe.
Maria! Ihr Leben lang war es so.
Ihre liebe, hübsche, kluge, aufgeschlossene kleine Schwester.
Marta ist an dem kleinen Steinbruch angekommen, eine halbe Stunde vom Dorf entfernt. Sie bleibt stehen, hört die Steine schreien: „Maria, Maria, Maria!“
Marta nimmt einen Stein hoch, wiegt ihn in der Hand, presst und quetscht ihre ganze heiße Wut und Zorn in den unbeugsamen Stein hinein.
Maria holt aus und wirft. So weit sie kann. Der kleine Aufprall klingt, als wäre etwas am Stein gebrochen.
Verletzt. Zersprungen. Zerstört. Marta gefällt das Geräusch. Sie nimmt einen zweiten Stein und wirft noch einmal. Und noch einmal. Und nochmal. Ihre Würfe werden weiter. Der Klang vom Aufprall braucht länger. Marta tut das gut. Ihren Schmerz, ihre Wut, die ganze Demütigung legt sie hinein in die Bewegungen, kraftvoller bei jedem neuen Wurf.
Da fliegt ihre Wut. Aber sie verfliegt nicht.
Marta schaut mit leerem Blick den Steinen nach, sieht, wie sie da liegen, ihre Wut, ihre Herabsetzung und Demütigung, schon entfernt.
Niedergelassen auf einen großen Brocken kommen ihr die Tränen. Es schüttelt sie durch, ganz Gefühl, Minutenlang bricht es aus ihr hervor.
Maria, Maria, Maria.
Was hat sie sich gesehnt, ebenso geliebt zu werden wie ihre kleine Schwester.
Wie hat sie sich angestrengt und gekäpft um Anerkennung
Hat ihre Rolle als älteste Tochter im Haus gut ausgefüllt, fleißig, verlässlich, anpacken ohne Murren.
Aber auch sehnsüchtig, auch einmal etwas Besonderes sein zu dürfen. Hübsch. Oder klug. Oder beliebt. Einmal wirklich voll anerkannt werden. Einfach weil sie ist.
Weil sie Marta ist. Nicht wegen Leistung.
Sondern einmal gesagt bekommen: Du bist toll, Marta! Was für ein Glück: es gibt Dich so, wie Du bist, und Du bist bei uns. Unsere liebe Marta.
Aber wenn Maria mal wieder die volle Aufmerksamkeit bekam, dachte sie: Ich brauch das nicht.
Ich brauch das gar nicht, hat sie sich selbst gesagt, wenn die Wut hochsteigen spürte.
„Ich brauch das nicht.“ Was für ein Irrtum! Wie sehr möchte sie auch da sitzen, vor Jesus, den sie so verehrt, und in seinen Geschichten Gott begegnen. Einfach nur zuhören. Da sein und lauschen, seiner sanften Stimme.
Seine Worte spüren wie angenehm wärmende Sonnenstrahlen. Ihn ansehen und: von ihm angesehen werden. nur für sie. Seine ganze Aufmerksamkeit spüren. Und eintauchen in die Welt, aus der er erzählt:
„Dann war da diese Stimme vom Himmel, ‚Du bist mein Sohn‘, hat sie gesagt, ‚dir gilt meine Liebe, dich habe ich erwählt.‘
Das war Gottes Stimme bei meiner Taufe, Maria.
Und das sagt Gott zu jedem Menschen. Zu dir auch. ‚Du bist meine geliebte Tochter, Maria.‘“
Das hatte Marta Jesus sagen hören, als gerade sie dazugekommen war und die Szene entstanden war.

Hätte er nicht ‚Marta‘ sagen können? Müsste Gott nicht auch sagen: „Du bist meine geliebte Tochter, Marta, dir gilt meine Liebe“?! Sieht Gott denn gar nicht, wie ich mich abmühe und abmühe? Mein Leben lang schon?
„Herr, kümmert es dich denn gar nicht, dass mich meine Schwester die ganze Arbeit allein tun lässt?“ Interessiert es dich überhaupt nicht, was mit mir ist? Kann Dein Gott so ungerecht sein, Jesus?!
Marta sitzt auf ihrem Stein. Aus der Wut werden tastende Gedanken.
Dann Hätte Jesus Gott ja auch nicht richtig verstanden und schüttelt in sich versunken den Kopf. Nein, Jesus kann Gott auch nicht richtig verstanden haben. Das kann einfach nicht sein, dass sie eine solche Abfuhr verdient hätte. „Das sagt Gott zu jedem Menschen“, hatte Jesus doch gesagt, und Marta beginnt, seine Worte leise vor sich hin zu sprechen: „Du bist meine geliebte Tochter, Marta.‘“ Immer wieder, so als würde sie ihren Klang ausprobieren wollen. „Du bist meine geliebte Tochter, Marta.“ „Du bist meine geliebte Tochter, Marta, dir gilt meine Liebe.“ „Du bist meine geliebte Tochter, Marta, dir gilt meine Liebe, dich habe ich erwählt.“
Minutenlang sitzt Marta da und hört sich selbst zu. Immer kräftiger werden ihre Worte, mit jeder Wiederholung mutiger, energischer, entschiedener. „Du bist meine geliebte Tochter, Marta, dir gilt meine Liebe, dich habe ich erwählt.“ Bald hört Marta nicht mehr nur sich selbst sprechen. Die Stimme von Jesus mischt sich hinein, und nach einer Weile scheint es ihr, als hörte sie die Stimme vom Himmel. Wie Jesus, als er getauft wurde im Jordan. Er hat es ihrer Schwester erzählt.
„Du bist meine geliebte Tochter, Marta, dir gilt meine Liebe.“ Ich bin Gottes Kind. Jede ist Gottes Kind. Sogar Maria. Sogar Maria? Das tut ein bisschen weh, als Marta das denkt. Aber sie kann damit leben. Wer wohl jetzt gerade die Arbeit zu Ende macht, die sie vorhin einfach hingeschmissen hat, als sie Hals über Kopf davonrannte? Wer wohl Jesus nun bewirtet und die Gastgeberpflichten erfüllt? Marta muss ein bisschen schmunzeln. Was für ein schöner Tausch!, denkt sie. Ich sitze hier und höre mir selbst zu und der Stimme vom Himmel. Ich lasse mich gehen. Und Maria hat Jesus zu Hause und die ganze Arbeit.
Man sollte öfter mal tauschen, denkt sie. Man sollte nicht immer nur arbeiten. Man sollte auch nicht immer nur sitzen und Gott oder Jesus zuhören und andere arbeiten lassen. Sie denkt: was kann man tun , damit wirklich alle diese Stimme vom Himmel hören, dass sie geliebte Kinder Gottes sind, wertvolle, geachtete Menschen. Marta sieht auf die Steine, denen sie ihre Wut aufgezwungen hat. Sie sieht ihren Schmerz und sie sieht den Schmerz von dem Mädchen nebenan, der kleinen Sklavin aus dem Nachbarhaus. Und sie sieht den Schmerz von den vier Kindern am anderen Ende des Dorfes, die heute schon wieder nichts zu essen bekommen haben. Sollen die nicht auch hören dürfen? Genießen dürfen, dass sich jemand ihnen zuwendet, ihnen eine Geschichte erzählt? Sollen sie nicht auch wissen, dass sie Gottes geliebter Sohn sind, Gottes geliebte Tochter, so wie Maria, und so wie sie selbst, Marta, und so wie all die anderen Leute, die Jesus so gern zuhören? Und ihr fällt ein, was sie einmal in der Synagoge aus dem Buch des Propheten Jesaja gehört hat:
Seht doch, was ihr an euren Fasttagen tut! Ihr fastet zwar, aber ihr seid zugleich streitsüchtig und schlagt sofort mit der Faust drein. Ist das vielleicht ein Fasttag, wie ich ihn liebe? Wenn ihr auf Essen und Trinken verzichtet, euren Kopf hängen lasst und euch im Sack in die Asche setzt? Nennt ihr das ein Fasten, das mir gefällt?
Nein, ein Fasten, wie ich es haben will, sieht anders aus!
Löst die Fesseln der Gefangenen,
nehmt das drückende Joch von ihrem Hals,
gebt den Misshandelten die Freiheit
und macht jeder Unterdrückung ein Ende!
Ladet die Hungernden an euren Tisch,
nehmt die Obdachlosen in euer Haus auf,
gebt denen, die in Lumpen herumlaufen, etwas zum Anziehen
und helft allen in eurem Volk, die Hilfe brauchen!
Dann strahlt euer Glück auf wie die Sonne am Morgen.

Marta geht wieder ins Dorf. Das will sie gleich Jesus vorlesen und hören, was er dazu sagt. Amen.


EG 420 1-3


Fürbitten

Vater Unser
Abkündigungen
Schlusslied NL 139 Geh unter der Gnade
Refrain -1 – Ref – 3 – Ref
Segen
Nachspiel