Archiv Januar 2022


gesammelte Beiträge von Januar aus Corona-Zeiten 2022:


1. Sonntag nach Weihnachten
Epiphanias
1. Sonntag nach Epiphanias
2. Sonntag nach Epiphanias
3. Sonntag nach Epiphanias
Letzter Sonntag nach Epiphanias


1. Sonntag nach Weihnachten


Den Gottesdienst hält Pfarrer Rolf Weiß. Predigttext: Johannes 6, 37: Jahreslosung:
Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
erläutert vom scheidenden Landesbischof Dr. Cornelius-Bundschuh, in: Von Gott kommt mir Hilfe, Calwer Verlag 2021, S. 9 ff.]

Gnade sei mit euch und Friede von dem Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Die Tür ist offen!

Jesus öffnet mit der Jahreslosung eine Tür: ,,Wer zu mir kommt, wird nicht abgewiesen. Wer zu mir kommt, muss sich keine Sorgen machen, was ich mit dem mache, was er oder sie mir anvertraut. Wer zu mir kommt, kann sich auf mich verlassen.”
Jesus drängt sich nicht auf, aber er sieht die Angst und die Einsamkeit. Er signalisiert: ,,Du kannst gerne kommen.” Jesus gehört nicht zu denjenigen, die den Kreis schließen, so dass die eine außen vor bleibt. Er lacht nicht mit den anderen über den Außenseiter, nur weil er auch zur Mehrheit gehören will. Jesus respektiert meine Freiheit, draußen zu bleiben, aber er hält die Tür offen: ,,Wenn du willst, können wir reden.”

Hinter der Tür ist eine andere Welt: Eine Welt, in der alle Geschlechter und Altersgruppen, Menschen mit verschiedenen körperlichen, seelischen und geistigen Fähigkeiten und Belastungen, unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen an einen Tisch geladen sind.

Sie teilen, was sie haben, unter dem Segen Gottes – und alle werden satt. Sie reden und lachen, sie streiten und versöhnen sich. Sie nehmen einander in den Arm (es gab ja noch keinen Corona-Virus). Sie haben ein besonderes Auge auf die, die traurig sind und die es schwer haben mit sich und anderen. An diesem Tisch möchte ich auch sitzen.

Die Tür ist schon offen, aber noch stehe ich hier. Durch die Tür fällt Licht in unsere Welt, in der wir Angst haben, allein zu sein, nicht anerkannt und gebraucht zu werden. In dieser Welt frage ich mich: Was wird mir zugetraut? Sind es meine Leistungen im Beruf, die mich ausmachen? Ist es meine Beliebtheit im Kollegium oder im Freundeskreis? Mein Erfolg?

Die Tür ist offen. Ein neues Licht fällt in unsere Welt. Ein Glanz, der unsere Lasten leichter macht und uns erquickt.
,,Was können wir tun, um zu Gott zu gehören?” (6, 28), haben sie Jesus an der Tür gefragt.
,,Nichts, das ist Gottes Werk!”, hat er geantwortet und sie eingeladen: ,,Kommt, denn es ist alles bereit!”

Ich bin gefragt.

Jesus ist im Johannesevangelium immer im Gespräch: mit seinen Freundinnen und Freunden; mit den Menschen, die erleben wollen, wie er Wunder tut, und ihn am liebsten auf dieser Seite der Tür zum König machen würden. Er redet auch mit denen, die gegen ihn sind. Er führt sie alle an die offene Tür und lädt sie ein, mit ihm hindurchzugehen.

Es ist eine Einladung in die Freiheit und das Glück der neuen Welt. Eine Einladung, die uns die Freiheit lässt, ja zu sagen oder nein.

Jesus baut keinen Druck auf nach dem Motto: ,,Nur wenn du das machst, dich so und so anziehst, diese Musik gut findest, so betest und singst, dich so engagierst, gehörst du zu mir!” Ohne Zwang, ohne Hintergedanken, ohne zu rechnen, was für ihn dabei herausspringt, ringt Jesus um meine freie Zustimmung.

Ich bin gefragt!

Weil ich so, wie ich bin, zu Jesus Christus gehöre. Diese Bindung, diese Liebe ist entscheidend; alle anderen sozialen, religiösen und kulturellen Unterschiede treten in den Hintergrund: ,,aus Gott” und ,,in Christus”, so stehe ich als Glaubender in der Welt.

Gott vertraut uns mit unseren Stärken und unseren Macken Jesus Christus an und, nach dem was das Johannesevangelium erzählt, mutet er ihm uns auch zu.

Immer wieder muss Jesus mit seinen Freundinnen und Freunden darum ringen, dass die Tür offenbleibt, weit offen: Sie wollen alles richtig machen und merken nicht, wie sie auf diese Weise gegen die Tür drücken, so dass sie sich für viele zu schließen droht. Sie sortieren: Wer gehört dazu und wer nicht. Wir erleben die Schwäche des starken Petrus: Er verleugnet Jesus; andere Freunde fliehen. Und dennoch bleibt die Tür offen für Petrus.

Jesus weist sie nicht ab, stößt sie nicht hinaus, wie Luther übersetzt. Vielmehr stellt er sie ins Licht, das durch die Tür aus Gottes neuer Welt in unsere Welt fällt. Er erinnert uns daran, dass wir aus der Liebe leben, die uns geschenkt wird, nicht aus dem, was wir leisten. An entscheidenden Stationen des Lebens erfahren wir das: als Babys durch die Liebe von Eltern und Geschwistern; im Alter, wenn wir das Glück haben, dass unsere Würde in Liebe bewahrt wird; als Verliebte, die füreinander da sind, ohne zu rechnen, was sie davon haben.
In diesen Szenen erleben wir den Glanz des erfüllten, geliebten Lebens schon heute, der durch die Tür in unser Leben fällt, die Jesus aufgestoßen hat.

Jesus hält uns die Tür offen. In dem Licht, das hereinfällt, spüren wir: Wir sind mehr als das, was andere oder auch wir selbst in uns sehen oder von uns erwarten. Wir gehören zu Christus mit dem, was wir können, aber auch mit unserer Verletzlichkeit und unseren Grenzen. Alles, was wir sind, können wir bei ihm sein; er weist uns nicht ab. Wir können mit unserer Kraft, Freude und Ausstrahlung kommen, aber auch mit dem, was wir uns untereinander und Gott schuldig geblieben sind.

Vielen Menschen ist in den Corona-Jahren 2020 und 2021 nicht nur unsere menschliche Vergänglichkeit neu deutlich geworden, sondern auch das Scheitern an den eigenen Ansprüchen, das Schuldigwerden. Ich denke an die Frau, die erzählte, dass sie es nicht verwinden kann, dass sie ihren Vater nicht im Sterben begleitet hat:
,,Für ihn, der immer für uns da war, konnten wir nicht da sein.” Traumatisch sind diese Erfahrungen für viele Menschen. Ob das Licht, das durch die von Jesus geöffnete Tür in unsere Welt fällt, sie aufrichten und versöhnen kann? Ob die Hoffnung auf eine Zukunft in Gottes neuer Welt sie freier macht?

Wo wir gehen oder stehen, begleitet uns ein Strahl des Lichtes aus Gottes Welt, wie ein nachgeführtes Spotlight. Sein Glanz richtet uns auf und macht uns frei und mutig. ,,Hier stehe ich, von Gott geliebt, gestärkt, getrost und voller Lebensmut!” Ich kann etwas tun; Christus traut mir etwas zu. Ich kann schon jetzt in dem Glanz leben, der Gottes neue Welt erfüllt. Und diesen Glanz weitergeben: an andere Menschen: An alle, die auf eine offene Tür hoffen.

Die Jahreslosung lädt dazu ein, 2022 zu einem Jahr der Inklusion zu machen, in dem wir gegen Ausschlüsse und Ausgrenzung kämpfen, in dem wir die Gruppen in den Blick nehmen, die in besonderer Weise um Inklusion kämpfen: Menschen, die bei uns aus politischen, sozialen und persönlichen Gründen Zuflucht suchen; Menschen, die mit ihren besonderen Fähigkeiten oder Belastungen, an Grenzen stoßen und rufen: ,,Macht die Türen auf! Schleift die Türschwelle, damit wir hineinkönnen!”

Ein gesegnetes Jahr 2022 im Glanz der neuen Welt Gottes!

Amen!
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Epiphanias

Den “Strahlenkranz-Gottesdienst in Nußbaum hält Pfarrer Bönninger.
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1. Sonntag nach Epiphanias


Den Gottesdienst hält Pfarrer Rolf Weiß. Predigttext: Jesaja 42, 1-9.
In diesem Gottesdienst wird Pfarrer Weiß von Frau Dekanin Trautz verabschiedet.

Liebe Gemeinde!

Geheimnisvoll und doch bekannt: So klingen diese Verse, nicht wahr?! Und auch die darin vorgestellte Figur des Gottesknechtes ist wie von einem Geheimnis umwoben. Ein antiker Superman, ein Robin Hood des Altertums?

Zunächst wird beschrieben, was diesen Gottesknecht als Person auszeichnet: Was er tut. Wie er das macht. Und wo sein Wirkungsbereich ist.

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. Zur Wahrheit trägt er das Recht hinaus.

Diese Worte kommen vielen von Ihnen sicher bekannt vor. Sie werden immer wieder zitiert, wenn beschrieben werden soll, auf welche Art und Weise Gott die Welt retten will. Wie wird sein Gesandter, sein Beauftragter vorgehen?

Franz von Assisi zum Beispiel hat das wörtlich aufgegriffen und beim Gang durch die Felder umgeknickte Getreidehalme immer wieder aufgerichtet, damit sie weiterwachsen können.

Es gibt aber auch noch einen übertragenen Teil der Antwort. Wenn wir etwas für aussichtslos halten, sagen wir bisweilen: „Das kannst du knicken.“

Beim Gottesknecht geht das noch weiter: Er hilft denen, die Hilfe brauchen. Gefangene werden befreit und Gerechtigkeit wird sich überall Bahn brechen.

Schlechte Nachrichten für die Diktatoren in aller Welt!

Wer bedrängt und unglücklich ist wie ein geknicktes Rohr, der wird nicht zerbrochen. Wer kaum noch Hoffnung hat wie ein glimmender Docht, der wird nicht ausgelöscht. Die Gerechtigkeit, die von diesem Gesandten Gottes ausgeht, ist eine heilende und helfende und aufbauende Gerechtigkeit.
Kein unbarmherziges Durchgreifen. Keine Attribute äußerer Macht. Darum ist sie in mancherlei Hinsicht selbst gefährdet. Wie gut zu lesen, dass Gott seinem Gesandten zusagt, dass er selbst nicht zerbrechen oder verlöschen wird, ehe er Gottes Recht auf der ganzen Erde verbreitet, ehe er damit seinen Auftrag erfüllt hat.

Der Gesandte scheint in puncto Öffentlichkeitsarbeit nicht sehr versiert zu sein. Er wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen. Auf leisen Sohlen geht er daher. Jedes Brüllen, jeder, auch der verbale Druck ist ihm fremd.
Das sagt viel über das derzeitige Geplärre auf manchen Straßen aus.
Wie soll der Gottesknecht dann gehört werden? Kann seine leise Stimme, die Stimme der Vernunft und des Erbarmens, sich Gehör verschaffen in dieser lauten Welt? Muss er nicht doch selbst zum geknickten Rohr oder zum nur noch glimmenden Docht werden?

In jedem Fall übt er durch den Inhalt seines Redens und nicht durch ein penetrantes Schreien Einfluss aus. Das Recht, das er aufrichten soll, Gottes Recht, kann nie durch tyrannisches Verhalten aufgerichtet werden. Früher oder später bricht jede Gewaltherrschaft zusammen. Darum sollten wir sie nicht aus rein wirtschaftlichen Gründen stützen. Dann wird es schneller gehen.

Der Knecht Gottes ist unaufdringlich. Und wahrscheinlich gerade deshalb vermag er sich in die Notlage und die besonderen Bedürfnisse eines jeden Menschen einzufühlen. Der Gesandte wird die sozial Schwachen behutsam anfassen und das ihnen zustehende Recht zur Geltung bringen.

Er kann seine Aufgabe deshalb erfüllen, weil die göttliche Autorität hinter ihm steht: So spricht Gott, der Herr, der die Himmel schafft und ausbreitet, der die Erde macht und ihr Gewächs, der dem Volk auf ihr den Atem gibt und den Geist denen, die auf ihr gehen. Gott, der alles geschaffen hat, will, dass es seinen Geschöpfen gut geht.

Deshalb hat er diese geheimnisvolle Figur eines Gesandten beauftragt. Unser Atem, den wir mit jedem Atemzug einatmen, unser Geist, unsere Energie sind Ausdruck davon, dass Gott uns liebt.
Der Gesandte Gottes setzt nun fort, was der Schöpfer begonnen hat: er sieht seine Geschöpfe gnädig an und tut ihnen Gutes.

Bedauerlicherweise ist das nur die eine Seite, und auch das spüren wir immer wieder. Gott muss seine Autorität Götzen gegenüber bewahren. Falsche Götter bringen die gut geordnete Welt durcheinander. Der gute Kreislauf des Einatmens und Ausatmens wird gestört; Menschen verlieren ihre seelische Kraft und ihre Geisteskraft. Es gibt Blindheit, Gefängnis und Verzweiflung, so dass manche Menschen kurz vor dem Zerbrechen oder Verlöschen sind. Dabei gerät manchmal sogar der Gottesknecht in Gefahr.

Das Erstaunliche, liebe Gemeinde, ist, dass in den dunkelsten Zeiten Israels die schönsten Hoffnungstexte entstanden sind. Auch diese Verse Jesajas entstammen einer Zeit der Krise, als das Volk fast vollständig zerbrochen und in der Gefangenschaft im Exil schon gar erloschen war.
Aber gerade in solcher Zeit ist die Zusage eines Lichtes am Horizont ja besonders wichtig: Ich, dein Gott, habe dich gerufen in Gerechtigkeit und halte dich bei der Hand und mache dich zum Bund für das Volk, zum Licht der Völker.
Ebenso erstaunlich ist, dass dieser Gesandte, dieser Knecht Gottes, nicht nur für das Volk Israel auftreten soll. Sondern sein Auftrag ist universal, an alle Völker und an die ganze bewohnte Erde gerichtet. Wen wundert es, wenn viele Jahre später Jesus Christus mit diesem Gesandten identifiziert wird und wir das auch heute noch tun.
Gerade die Überlieferung von der Taufe Jesu, lässt Gott ähnliche Worte sprechen und den Geist auf ihn herabfahren wie auf den Gottesknecht bei Jesaja.

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, liebe Gemeinde, den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.
Das heißt für uns, dass wir uns gerade dann, wenn Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung sich breitmachen und uns am stärksten plagen,
wenn manche Bereiche unseres Lebens besonders schwer zu meistern sind,
dass wir uns dann an Jesus Christus wenden dürfen, um seine heilsame und erbarmende Gerechtigkeit am eigenen Leib und in der eigenen Seele zu spüren zu bekommen.

Vielleicht schaffen wir es dann ja auch, selber zu solchen Gesandten Gottes zu werden, die seine Gerechtigkeit in die Welt hinaustragen und verwirklichen helfen. Dann würde die Vergabe von sportlichen Weltereignissen an Menschenrechte und Umweltgegebenheiten gekoppelt,
dann würde kein Tropenholz mehr verwendet,
dann würden keine Waffen mehr produziert oder verkauft werden.

Von uns kann auch etwas vom Geist Gottes ausgehen, wenn wir in unserer unmittelbaren Umgebung der Verzweiflung entgegenwirken, der Hoffnungslosigkeit begegnen. Gerade wenn die Hoffnung geknickt ist oder nur noch leicht glimmt. Von uns kann Licht ausgehen, das Augen öffnet. Von uns kann Befreiung ausgehen, wenn andere Menschen sich etwas Neues zutrauen oder alte Vor- Urteile überwinden.

Wen Jesaja in dieser geheimnisvollen und schillernden Figur des Gottesknechtes vor Augen hatte, können wir heute nicht mehr genau ausmachen. Aber in Jesus Christus können wir viele seiner Züge wiederentdecken.
Er versteht uns.
Er hilft uns.
Er nimmt uns bei der Hand.
Er tut uns Gutes.
Und wir können diesen Geist seiner Handlungen wenigstens ein wenig weitergeben, damit in unserer Welt möglichst oft Wirklichkeit wird: Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.

Amen.

Verabschiedung von Pfarrer Weiß / Ansprache von Deakanin Trautz.

Anmerkung: Fotos vom Verabschiedungs-Gottesdienst finden Sie unter “Fotos/Verabschiedung Pfr. Weiß”

Liebe Gemeinde,
„Pfarrer kommen und gehen – aber die Gemeinde bleibt“ – mit diesem Satz wurde ich einst als junge Pfarrerin vom Kirchendiener einer Gemeinde, in der ich mich vorstellte, empfangen. Ich war ein wenig befremdet, hätte mir durchaus ein herzlicheres Willkommen vorstellen können. Aber es war nicht bös gemeint. Es war und ist einfach nur wahr.

Pfarrer und Pfarrerinnen kommen und gehen. Das ist unser Auftrag. Wir werden in eine Aufgabe / in eine Gemeinde gesandt, um dort für eine Zeit lang Menschen für Jesus Christus zu gewinnen, sie geistlich zu begleiten, mit ihnen Sorgen und Freuden zu teilen, ihnen Trost und Mut zuzusprechen und mit ihnen nach der Bedeutung von Gottes Wort für ihr Leben zu suchen. – Solange bis es an der Zeit ist, wieder zu gehen – vielleicht weil eine andere Aufgabe ansteht, für die ich gebraucht werde, ein anderer Ort, an dem Gott mich haben will –
oder weil es einfach irgendwann an der Zeit sein darf, nach einem langen Berufsleben zur Ruhe zu kommen …

„Ich bin ein Gast auf Erden. Verbirg deine Gebote nicht vor mir.“
war die Losung aus Psalm 119 an einem Dezembertag des letzten Jahres, die dein Lebensgefühl, lieber Rolf, in dieser Zeit des Übergangs für dich widerspiegelt.

Das Leben ist ein Weg, mit ständigem Suchen und Fragen nach dem, wo und wofür Gott mich haben will. Was ist richtig zu tun und zu lassen? Die Bibel, Gottes Wort und seine Gebote sind Richtschnur dafür und doch keine klare Handlungsanweisung, müssen immer wieder neu gedeutet und verstanden werden. Und mancher Sinn bleibt auch verborgen …

Und auf diesem Weg gibt es immer wieder Stationen, die wir machen dürfen, wo wir innehalten und bleiben für eine Zeit. Als Pfarrperson kehren wir immer wieder bei einer neuen Gemeinde ein, wie ein Gast, der willkommen geheißen wird. „Fühl dich hier wie zu Hause“ sagen die Gastgeber, aber es ist doch nicht unser Zuhause. Wir bringen etwas mit, unsere Erfahrungen und Begabungen sind das Gastgeschenk. Wir teilen Zeit miteinander, hinterlassen Spuren mit dem, was wir sagen und tun und wie wir zuhören – und werden selbst durch die Begegnungen an Leib und Seele genährt. Beziehung wächst und trägt …
Manchmal ist Besuch auch anstrengend, manchmal benehmen wir uns als Gast daneben und manchmal sind die Gastgeber auch nicht perfekt. Nachsicht und Barmherzigkeit gehören zum christlichen Miteinander.
Wenn wir dann gehen, tut es auch weh, aber wir nehmen Vieles mit an Erinnerungen, sind ein Stück reicher geworden an Erfahrung. Und lernen immer wieder neu das Loslassen – von Lieb-Gewordenem, aber auch von dem, was belastend war.

Wir sind nur Gast – und zwar nicht nur wir Pfarrpersonen, sondern wir alles als Christinnen und Christen. Unser ganzes Leben lang. Wir sind nur Gast auf Erden. Unser Zuhause ist bei Gott. Von ihm kommen wir und zu ihm kehren wir am Ende unseres irdischen Lebenswegs zurück. Und selbst wenn wir Zeit unseres Lebens an einem Ort leben, z.B. in Diedelsheim oder in Dürrenbüchig, so sind wir doch nur Gast – herzlich willkommen auf dieser Welt – und doch unterwegs – immer auf der Suche nach dem nächsten Schritt, den Gott uns führen will. – Mit der Bitte im Herzen:
„Ich bin ein Gast auf Erden. Herr, verbirg deine Gebote nicht vor mir.“
Und wir dürfen gewiss sein: Gott wird uns führen und begleiten – auf allen unseren Wegen!

Lieber Rolf,
Zeit deines Pfarrerdaseins warst du an verschiedenen Stationen zu Gast. In Berlin und Heidelberg hast du studiert. Mehrwöchige Aufenthalte in der damaligen DDR, aber auch in Indien und Kuba haben dich geprägt und haben dein Herz dauerhaft für die weltweite Ökumene und die Friedensarbeit eingenommen. Wiesloch, Heidelberg, Offenburg und Schutterwald waren Stationen in deiner Vikariatszeit. Als erste Pfarrstelle wurdest du zum Landesschülerpfarrer im Amt für Jugendarbeit berufen.
Darauf folgten Gemeindepfarrstellen in Wertheim und in Karlsruhe bis du 2014 hierher in unseren Kirchenbezirk als Pfarrer für die Kirchengemeinden Diedelsheim und Dürrenbüchig kamst.

Beeindruckendes Engagement hast du hier vorgefunden und begleitet. Hast viele Besuche gemacht, um in gutem Kontakt zur Gemeinde zu sein. Hast Gemeindereisen angeboten und 2015 viel Kraft in die Flüchtlingshilfe investiert.
Gute Verbindung zur politischer Gemeinde, Vereinen und in die Ökumene zu halten, war dir wichtig. Für den Kindergarten und im Pfarramt gab es immer viel zu tun.
Das Engagement in den beiden Gemeinden für besondere Gottesdienste hast du gerne unterstützt. – Deine Augen haben geleuchtet, als du von den schönen Gottesdiensten im Freien an Himmelfahrt und Erntedank und beim Teichfest in Dürrenbüchig erzählt hast. Und dass der neu gestaltete Kirchplatz noch eingeweiht werden konnte, hat dich sehr gefreut.

Vieles ist anders geworden in der Zeit der Pandemie. Die Nähe zu leben, wurde schwieriger seit wir Abstände einhalten müssen. Dankbar warst du für deine engagierten Ältesten, die in Diedelsheim die Übertragung der Gottesdienste ins Gemeindehaus auf die Beine gestellt und in Dürrenbüchig Online-Gottesdienste eingeführt haben, und in deren Engagement die enge Bindung an Ihre Kirchengemeinde immer spürbar war und ist.

Im Bezirk warst du einer der Kollegen, für die die Begleitung eines bezirklichen Amtes immer eine Selbstverständlichkeit war. Hier bei uns im Bretten-Bruchsal warst du Bezirksvertreter für den Pfarrverein, vorher für Arbeitnehmerfragen und für Mission und Ökumene.
Für das gute kollegiale Miteinander in der Region und im Kirchenbezirk danke ich dir von Herzen – und auch für dein Vertrauen mir gegenüber als Kollegin und dann auch als Dekanin!
In der Urkunde zu deinem Ruhestand, die ich dir heute überreichen darf, spricht dir Oberkirchenrätin Dr. Cornelia Weber den ausdrücklichen Dank der Landeskirche für deine treuen Dienste aus.

Aber vieles hätte nicht so sein können, wenn du deine Frau Beate nicht an deiner Seite gehabt hättest, die diesen Dienst mitgetragen, mitgelebt und unterstützt hat – Vielen Dank, dir liebe Beate für dein sichtbares Engagement in der Gemeinde bei Andachten und in den Chören – aber vor allem auch für deine Unterstützung im Verborgenen!

Für die Gemeinden steht nun zunächst eine Zeit der Vakanz an. Dafür ist alles so weit wie möglich organisiert. Pfrin Kampschröer aus Jöhlingen wird die Verwaltung beider Kirchengemeinden übernehmen und die Kasualvertretung für Dürrenbüchig. Pfr Kammerer aus Gondelsheim die für Diedelsheim. Pfr. Weber wird den Konfi-Kurs zu Ende führen. Für Gottesdienstvertretungen sorgt das Dekanat. Frau Pfitzenmeier hält in bewährter Weise die Stellung im Pfarramt.
Wir hoffen, noch im ersten Quartal eine Ausschreibung der Pfarrstelle auf den Weg bringen zu können, vermutlich gemeinsam mit Rinklingen, so dass eine Wiederbesetzung zum 1. September möglich wäre. Aber dafür sind noch nicht alle nötigen Beschlüsse gefasst. Von daher kann ich leider noch nichts versprechen …

Für die Zeit der Vakanz wünsche ich Ihnen viel Kraft und Zusammenhalt – und dass Sie dann irgendwann offen und bereit werden, um einen neuen Gast bei sich zu empfangen, der oder die wieder ein Stück des Weges mit Ihnen geht und gemeinsam mit Ihnen danach fragt, welchen Weg Gott Sie und Ihre Gemeinden führen möchte.
Möge Gott Sie dafür segnen.
Amen.
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2. Sonntag nach Epiphanias


Die Predigt hält Prädikant Buhr. 
Predigttext: 1. Korinther 2, 1 – 5

Ein exzentrischer Wissenschaftler, Computerfachmann und Unternehmer, der
ermordet wird. Finstere Kirchenfürsten, die versuchen, die Veröffentlichung
der neuesten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse zum Anfang der Welt zu
verhindern. Etwas Liebe und Romantik. Diese Mischung macht Bestseller aus,
wie uns Dan Brown u.a. mit „Origin“ zeigt. Die Spannung des Buches
entwickelt sich aus der Frage, ob man als vernünftiger Mensch heute wirklich
noch an Gott glauben kann. Das Buch beantwortet diese Frage nicht
endgültig. Aber der Glaube erscheint als ziemlich irrationale Angelegenheit,
genährt aus Unwissenheit, am Leben gehalten durch unvernünftiges
Festhalten an überholten Vorstellungen. Diese Auffassungen sind weit
verbreitet, im mitleidigen Blick der Arbeitskollegen oder den missbilligenden
Blick derjenigen, die Religion für das größte Übel der Menschheit halten.
In solchen Situationen möchte ich gute Argumente für den Glauben
einbringen: dass es gar nicht so primitiv ist, an Gott zu glauben. Dass Jesus
Nächstenliebe gepredigt und vorgelebt hat. Dass viele Vorurteile durch
Desinformation entstehen. Dass Gottes Bodenpersonal nicht mit Gott
gleichgesetzt werden sollte. Nicht immer habe ich Gelegenheit dazu, und
wenn doch, dann überzeugen alle guten Argumente mein Gegenüber nicht
zwingend. Manchmal lässt man vielleicht sogar schwierige Themen weg, um
den eigenen Glauben plausibler erscheinen zu lassen. Eines dieser Themen ist
das Kreuz Jesu, ein Symbol von abweisender Sperrigkeit, den Juden ein
Ärgernis und den Griechen eine Torheit(1). Die Krippe an Weihnachten ist
positiv: Geburt, neues Leben, macht Herz und Gemüt hell. Aber das Kreuz,
Jesus als Gekreuzigten darzustellen – ist das ein Argument für den Glauben?
       (1) Korinther 1, 22 + 23: Denn die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach
       Weisheit, wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis und den
       Heiden eine Torheit;

1 Auch ich, meine Brüder und Schwestern, als ich zu euch kam, kam ich nicht
mit hohen Worten oder hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu
predigen.
2 Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus
Christus, ihn, den Gekreuzigten.
3 Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern;
4 und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden
Worten der Weisheit, sondern im Erweis des Geistes und der Kraft,
5 auf dass euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes
Kraft.

Paulus lässt die Krippe links liegen und macht das Kreuz zum Ausgangspunkt

seiner Glaubensweisheit, seines Nachdenkens über Gott und seiner
Verkündigung. Im Grunde genommen stellt sich Paulus die gleiche
Ausgangsfrage, die „Origin“ von Dan Brown zum Gegenstand hat: kann man
als vernünftiger Mensch heute noch an Gott glauben?
Bei Paulus ging es nicht um Naturwissenschaft, sondern um Philosophie, die
Liebe zur Weisheit. In Athen, der Welthauptstadt der Philosophie, hat er trotz
gedankenreicher Anknüpfung an die damalige Umwelt und mit schön
formulierter Rede nichts bewirkt.
Was den Glauben ausmacht, lässt sich nicht auf der Ebene des
Philosophierens vermitteln. Diese abgehobene und unverbindliche Art, über
Gott zu reden und zu denken, wird mit Jesus dem Gekreuzigten durchkreuzt.
Wir beginnen das Geheimnis zu erahnen, wenn wir erkennen, wie sehr Gott
sich in diese Welt hat hineinziehen lassen. Wir sollen nicht über ihn
philosophieren, sondern ihm dort begegnen, wo wir gerade stehen, auf der
Erde, knietief in unserem Leben, eingespannt zwischen Hoffnung und Angst,
Zwang und Freiheit, Sinn und Unsinn.
Im Gekreuzigten finden wir die Weisheit Gottes: „Ich suche dich. Ich berühre
dich. Dafür gebe ich mich preis. Ich verlasse meinen Himmel, meine
Unberührbarkeit, meine Gottheit, mein ewiges Sein. Ich werde zu einem Teil
dieser, deiner Welt, deines Lebens, damit wir uns begegnen können.“
Paulus schreibt: „mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit
überredenden Worten der Weisheit, sondern im Erweis des Geistes und der
Kraft, auf dass euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf
Gottes Kraft.“
Die Entscheidung darüber, ob Gott für einen Menschen zur Gewissheit wird,
erfolgt nicht auf Grund theoretischer Überlegungen und rationaler
Argumente. Sie erfolgt im Leben, wenn es uns befragt, woran wir denn
glauben und worauf wir denn bauen.
Wir sind aufgefordert, unseren Glauben zu bekennen. Dabei kommt es nicht
auf die geschliffenen Worte, die rhetorische Kunst der Rede oder
überzeugende Argumente an. Es zählt nur unsere Glaubwürdigkeit, mit der
wir von unserem Leben und unserem Glauben erzählen. Dass unser
Gegenüber das für seine Begegnung mit Gott versteht, ist ein Wunder und
Sache der Kraft Gottes, des Heiligen Geistes.
Jesus der Gekreuzigte steht an den Brennpunkten Deines Lebens, wo es ernst
wird, wo Entscheidungen fallen. Jesus ist dabei und nimmt Dich auf
geheimnisvolle Weise mit, von der Resignation zu Hoffnung, von der Schuld
zur Vergebung, von der Niedergeschlagenheit zum Aufgerichtet-Sein, vom
Tod zum Leben. Ein distanziertes Über-Gott-Spekulieren reicht dazu nicht
aus. Ein vorgefertigtes Gottesbild zu suchen, übersieht Jesus. Im Mann am
Kreuz wird Gott Mensch, das ist der zentrale Punkt des christlichen Glaubens.
Im Vertrauen auf Jesus an Gott zu glauben und mein Leben in der Beziehung
zu Gott zu führen, führt zur Gewissheit.

Amen.
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3. Sonntag nach Epiphanias


Die Predigt zur Predigtreihe “Unterwegs” hält Pfarrer Becker-Hinrichs.
Predigttext: 1. Könige 19, 1 – 8

Er aber ging hin in die Wüste eine Tagesreise weit und kam und setzte sich unter einen Ginster und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, HERR, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter. Und er legte sich hin und schlief unter dem Ginster. Und siehe ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iss!

Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser.

Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen.

Und der Engel des HERRN kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.

Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.

Liebe Gemeinde, wir sind unterwegs. Unterwegs auf unsrer Lebensreise, unterwegs in unserem Land in einer Zeit der großen Pandemie, unterwegs mit unseren Gemeinden in der Region Bretten, Walzbachtal, Gondelsheim.

Für dieses Unterwegssein brauchen wir Stärkung, Wegzehrung. Ich verspreche mir solche Wegzehrung heute aus einer Erzählung im Alten Testament. Es ist eine Geschichte, die von tiefer Verzweiflung und Depression handelt und von einer unerwarteten Stärkung. Es ist die Geschichte des Propheten Elia am Berg Horeb.

Es ist eigentlich zunächst eine sehr blutrünstige Geschichte. Sie beginnt damit, dass Elia mit Gottes Hilfe 400 Baalspropheten tötet, deshalb von der Königin Isebel verfolgt wird und um sein Leben fürchtet. Er flieht in die Wüste und legt sich unter einen Ginsterstrauch und möchte sterben.

1.Wir kennen auch solche Wüstenerfahrungen.
Heute noch gesund und kraftstrotzend und morgen stellt eine schwere Krankheit alles in Frage.
Die Spitzensportlerin, die von Erfolg zu Erfolg eilt und dann wirft sie eine schwere Verletzung völlig aus der Bahn.

Das glückliche Paar, das gemeinsam alt werden möchte, und dann stirbt der Partner völlig unvermutet und seine Partnerin steht ganz alleine da.

Der Student, der sein Studium absolviert und sich nebenher noch politisch engagiert, er ist hochaktiv. Und dann ist er auf einmal im Burnout, und kann keinen Schritt mehr tun. Burnout, Ausgebranntsein, Erschöpftsein, so geht es auch dem Elia. Es sind Krisen in unserem Leben, die uns an den Rand der Erschöpfung bringen, die nur Leere und eine tiefe Müdigkeit hinterlassen.

Neben den persönlichen Schicksalsschlägen, die uns unvermutet treffen, ist dieser Zustand der Erschöpfung aber auch von unserer Gesellschaft produziert, von der Art und Weise, wie wir leben. Der französische Soziologe Alain Ehrenberg schriebt in dem Buch „Das erschöpfte Selbst“

„Das Streben nach Selbstverwirklichung und Eigenverantwortung stellen in unserer modernen Gesellschaft von heute häufig wie selbstverständlich angenommene Werte dar. Die Kehrseite des modernen ökonomischen Imperativs “Sei doch einfach du selbst bei größtmöglicher Produktivität!” ist die rigorose Erschöpfung, die Kapitulation vor der Selbstverwirklichung und permanenten Selbstoptimierung, die unter anderem mit Leere, Antriebslosigkeit und Suchtverhalten “bezahlt” wird.“

Es ist ja auffällig, dass Depressionen und diese große Erschöpfung, die wir als Burnout kennen, nicht Menschen betrifft am Ende eines langen arbeitsreichen Lebens, so als habe man irgendwann seine Energie verbraucht, sondern auch ganz junge Menschen, zum Beispiel gerade ihr Studium begonnen haben.

Der neoliberale Kapitalismus hat eine Lebensweise geschaffen, wo sozusagen jeder selbst verantwortlich ist für sein Scheitern. Der Drang noch totaler Selbstoptimierung, Selbstverbesserung, der sich u.a. in den sozialen Medien zeigt, führt zu dem Gefühl, ständig zu versagen. Ich bin nicht so schön wie die anderen, meine Bilder auf Instagram habe nicht so viele likes, ich kann mit den andere nicht mithalten. Auch das ist ein Grund für tiefe Depressionen in unserer Zeit.

2. Und dann die Pandemie. Eine besonders heimtückische Folge der Corona-Erkrankung ist ja das sog. Long Covid Syndrom, eine tiefe Erschöpfung. Menschen schaffen es kaum ihren Alltag zu bewältigen, an die Ausübung des Berufs ist gar nicht zu denken, sie schleppen sich schweren Schrittes durchs Leben.

Ach, wie sind wir diese Pandemie leid. Auch wer nicht krank geworden ist, ist doch auf jeden Fall erschöpft. Erschöpft von der Befolgung der vielen Auflagen, von der Beschränkung der Kontakte, müde davon, ständig umplanen zu müssen, die Freizeitgestaltung ist so eingeschränkt, Wir können alle sagen: Es ist genug! So wie Elia.

3. Stärkung in der Krise
Elia ist total erschöpft, er ist lebensmüde, er legt sich hin und möchte sterben. Aber dann passiert etwas Wunderbares. Ein Engel rührt ihn an und spricht zu ihm: Steh auf und iss! Und dann sieht er sich um und da steht ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser.

Ja, liebe Gemeinde, manchmal helfen in der Krise die einfachen Dinge. Therapeuten raten dazu, sich ganz kleine Ziele zu setzen, wenn man so erschöpft ist: Nimm dir heute nur vor, etwas Gutes zu kochen und das mit Genuss zu essen. Oder nimm dir heute vor, einen Spaziergang an der frischen Luft zu machen. Man muss das Leben sozusagen wieder ganz neu lernen, von vorne beginnen. Essen und Trinken, Bewegung, kleine Tätigkeiten, ein gutes Gespräch. Menschen zu begegnen, die einen wahrnehmen, so wie man ist und nicht sagen: Komm nimm dich zusammen, gib dir einen Ruck. So einfach geht das nicht.

Wir haben ja jetzt in der Pandemie auch das Einfache schätzen gelernt. Wie kostbar kann ein Besuch sein, wenn man vorher Kontaktverbot hatte.

Wie gut ist es, im Sommer draußen in einem Restaurant zu sitzen und gut zu essen, ohne Angst vor Ansteckung.- Wie schön ist, es sich mit Freunden zu treffen und gemeinsam zu kochen. Auch für uns in den Gemeinden gilt das. Wie viele Treffen mussten ausfallen, wieviel musste rein online geschehen.

Und dann konnten wir doch wieder miteinander Abendmahl feiern, ein Fest veranstalten, zusammen essen, Gemeinschaft erleben. Wie gut tut das.

Übrigens, Elia ist durch die einfache Speise noch nicht gerüstet für einen weiten Weg. Er isst und trinkt, aber dann legt er sich wieder schlafen. Auch das gehört zu dem, was uns guttut: Genügend Schlaf. Guter Schlaf, Das ist ein Segen. Elia darf noch einmal gut schlafen.

Und siehe, der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss, denn du hast einen weiten Weg vor dir.

Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.

4. Unterwegs in den Gemeinden der Region

Liebe Gemeinde, viele unter uns haben hoffentlich noch einen weiten Lebensweg vor sich.

Aber der weite Weg, der hat für mich auch etwas mit der Kirche zu tun, mit unseren Gemeinden hier in der Region Bretten. Wir sind auch in unserer Region Bretten Walzbachtal und Gondelsheim auf einem weiten Weg. Und wir brauchen dafür Stärkung.

Wir bilden in Zukunft eine neue Dienstgemeinschaft. Gemeinden werden anders zugeschnitten. Vakanzen müssen versorgt werden. Das kann für eine Gemeinde auch so etwas wie eine Wüstenzeit sein. Vakanz heißt ja Leere.

Wir sind als Gemeinden in unserer Landeskirche in einer Krise. Das hat weniger zu tun mit den Finanzen, vor allem aber mit weniger Menschen, die für den kirchlichen Dienst zur Verfügung stehen. Weil einfach die Geburtsjahrgänge kleiner sind als zu meiner Zeit. Wir können nicht mehr alle Stellen besetzen. Da hilft kein jammern und zurückschauen und von besseren Zeiten schwärmen, sondern nur der mutige Blick nach vorne.

Wir haben gemeinsam einen weiten Weg vor uns.

Gut täte uns, wenn wir uns dabei gegenseitig stärken lassen. Wenn wir nicht nur beraten und tagen und Beschlüsse fassen, sondern auch miteinander feiern: das Abendmahl, Brot und Wein als Stärkung auf unserem Weg in den Gemeinden, Feste feiern, und zusammen essen und trinken. Und uns von Gottes Engeln zurüsten lassen für den weiten Weg, die nun vor uns liegt. Amen.
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Letzter Sonntag nach Epiphanias


Die Predigt zur Predigtreihe “Unterwegs” hält Pfarrerin Tomaïdes im Rahmen der Predigtreihe “Unterwegs”.
Predigttext: Rut 1, 6-18

Unterwegs mit Noomi und Rut – Abschiede und Neuanfänge

Eröffnung und Anrufung

Musik zum Eingang
Begrüßung und Votum
Unterwegs sein gehört zu unserem Leben dazu – auch im Glauben. Immer wieder erzählt uns die Bibel von Menschen, die unterwegs sind. Innerhalb der Predigtreihe machen wir uns heute auf den Weg mit Noomi und Rut, die Abschiede und Neuanfänge auf ihrem Weg erleben.
Ihnen ein herzlichen Willkommen zu diesem Gottesdienst. Schön, dass Sie mitgehen. Wir dürfen sicher sein: Gott ist mit dabei.
In seinem Namen feiern wir Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. AMEN.
Psalmwort Psalm 67
In Psalm 67 lesen wir vom Wunsch des Psalmbeters für alle Menschen:
2 Gott schenke uns seine Gnade und segne uns.
Er lasse bei uns sein Angesicht leuchten.
3 So wird man auf der Erde deinen Weg erkennen
und bei allen Völkern deine heilvolle Zukunft.
4 Dich, Gott, sollen die Völker preisen!
Alle Völker zusammen sollen dich preisen!
Eingangsgebet
Gott, wo willst Du uns haben? Wo ist unser Platz in dieser Welt, in unserem Ort? Viele Wege gehören zu unserem Leben dazu. Wir kommen hierher und bringen mit, was hinter uns liegt. Welche Wege liegen wohl vor uns? Welche sind schwer und welche leicht zu gehen? Öffne unsere Augen und lass uns den Blick in die Weite wagen. Voller Vertrauen bauen wir darauf, dass Du uns Wege zeigst, die gut für uns sind und Du mit uns gehst, egal wohin wir unterwegs sind. AMEN.

Verkündigung
Lied: NL 56,1.2.5 Ich sing Dir mein Lied

Kurze Nacherzählung 1-5
Bethlehem heißt eigentlich „Haus des Brotes“ – doch ausgerechnet dort herrschte vor vielen Jahren eine Hungersnot. Mit Mann und Söhnen zog Noomi – mit der wir heute unterwegs sein werden – nach Moab. Doch dort verstarben zuerst Noomis Mann und rund 10 Jahre später ihre beiden Söhne. Zurück blieben drei Witwen – Noomi und ihre beiden Schwiegertöchter. Die Trauer ist groß. Was sollten sie bloß tun? Wo würde ihr Lebensweg sie hinführen? Würde Gott sich als Helfer in der Not erweisen? Hören wir davon im ersten Buch Rut.

Lesung Rut 1,6-18

Lesung Rut 1,6-18

Noomi machte sich auf und zog aus Moab weg, zusammen mit ihren Schwiegertöchtern. Sie hatte dort nämlich erfahren, dass der Herr sich um sein Volk kümmerte und ihm Brot gab.
7 So verließ sie den Ort, an dem sie gelebt hatte. Die beiden Schwiegertöchter begleiteten sie auf dem Weg zurück ins Land Juda.
8 Unterwegs sagte Noomi zu ihren beiden Schwiegertöchtern:»Kehrt um! Geht zu euren Müttern zurück! Der Herr soll euch genauso lieben, wie ihr die Verstorbenen und auch mich geliebt habt.
9 Er soll dafür sorgen, dass ihr ein neues Zuhause findet bei neuen Ehemännern.« Noomi küsste die beiden. Aber sie weinten laut
10 und baten Noomi: »Lass uns mit dir zu deinem Volk zurückkehren!«
11 Doch Noomi erwiderte: »Kehrt um, meine Töchter! Warum wollt ihr mit mir gehen? Ich kann keine Söhne mehr zur Welt bringen, die euch heiraten würden.
12 Kehrt um, meine Töchter! Geht! Ich bin einfach zu alt für eine neue Ehe. Selbst wenn ich es nicht wäre –wenn ich noch heute Nacht mit einem Mann schlafen und danach Söhne zur Welt bringen würde:
13 Wollt ihr wirklich warten, bis sie groß sind? Wollt ihr euch so lange einschließen und mit keinem Mann verheiratet sein? Nein, meine Töchter! Mein Schicksal ist zu bitter für euch! Die Hand des Herrn hat mich getroffen.«
14 Da weinten die beiden noch lauter. Orpa küsste ihre Schwiegermutter zum Abschied.Aber Rut blieb bei Noomi.

15 Noomi sagte zu Rut: »Schau! Deine Schwägerin ist umgekehrt zu ihrem Volk und zu ihrem Gott. Mach es wie sie: Kehr um!«
16 Aber Rut antwortete: »Schick mich nicht fort! Ich will dich nicht im Stich lassen. Ja, wohin du gehst, dahin gehe auch ich. Und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott!
17 Wo du stirbst, da will auch ich sterben, und da will ich auch begraben sein. Der Herr soll mir antun, was immer er will! Nichts kann mich von dir trennen außer dem Tod.«
18 Noomi sah, dass Rut entschlossen war, mit ihr zu ziehen. Da hörte sie auf, es ihr auszureden.

Predigt

Liebe Gemeinde, in welch eine Zukunft sind diese beiden Frauen wohl unterwegs? Manchem unter uns geht es ähnlich. Was wird morgen sein? Was soll bloß aus uns werden? Was wenn Krankheit, Not, Kummer, Trauer, Existenzsorgen, Schwäche, Angewiesensein, Einsamkeit in unser Leben treten? Vielleicht liegt bereits eine schlimme Zeit hinter uns wie bei Noomi und Rut.
Doch die Zukunft kommt, das Morgen lässt sich nicht aufhalten. Also muss ich gehen, losgehen, einen Schritt nach dem anderen tun. Ich will darauf vertrauen, dass ich nicht alleine gehen muss.
Rut und Noomi gehen uns da mit gutem Beispiel voran – gemeinsam, zu zweit und mit Gott.
Gegen alle Vernunft macht sich Rut mit auf den Weg in die Fremde. Wie wird das Leben wohl werden? Welche Herausforderungen werden ihr begegnen, welche Menschen wird sie treffen? Sie weiß es nicht. Aber ist fest entschlossen Noomi nicht alleine zu lassen. „Nein, ich lasse Dich nicht im Stich! Ich gehe mit!“ So vieles haben sie schon gemeinsam erlebt. Als Familie auch durch Schicksalsschläge zusammengeschweißt, bleibt Rut an Noomis Seite. Gemeinsam geht es weiter, sie werden sich gegenseitig beistehen, werden gemeinsam nach Lösungen suchen und diese mit Gottes Hilfe bestimmt auch finden.
Die Geschichte von Noomi und Rut zeigt, was das Leben alles mit sich bringen kann: auf und ab, Zeiten der Not und der Fülle, Trauer und Freude, Abschiede und Neuanfänge. Wir erfahren von Schicksalsschlägen, die damals schlimm waren und einem auch heutzutage noch den Boden unter den Füßen wegziehen, davon, dass Unterstützung und Wegbegleiter zu alter Zeit genauso wie im heutigen Leben unverzichtbar sind. Die beiden begegnen einander mit Wertschätzung, nehmen die Bedürfnisse der anderen ernst und können dennoch zurückstecken, weil es der anderen guttut. Damit übernehmen sie Verantwortung für die Zukunft und bauen gleichzeitig auf Lebenserfahrung. So weiß Rut, was Noomi trägt und hält und kann sagen: „Dein Gott ist mein Gott!“
Wenn Rut die bekannten Worte ausspricht: „Da wo du hingehst, da will ich auch hingehen!“, dann lässt sie auch Sicherheiten hinter sich: Heimat, Freunde, Familie und auch ihren Glauben. Sie vertraut, dass Noomis Weg der richtige ist – auch für sie. Andererseits will Noomi das Beste für die jüngere Generation und verliert deren Bedürfnisse nicht aus dem Blick. Es ist ein Geben und Nehmen, ein aufeinander einlassen und sich gegenseitig unterstützen. Diese Frauen sind ein gutes Vorbild für ein respektvolles und gutes Miteinander, das ich mir auch für jeden von uns wünsche. Ihr Unterwegssein erzählt einen gemeinsamen Lebens- und Glaubensweg des Zusammenhalts auch in schwerster Zeit. Für die beiden steht fest: Wir bleiben zusammen, auch wenn das bedeutet, Vertrautes hinter sich zu lassen, neue und altbekannte Wege zu gehen und manch schwere Entscheidung treffen zu müssen.
So führt der gemeinsame Weg nach Bethlehem, wo sie mit leeren Händen ankommen. Sie haben nichts und werden doch reich beschenkt. Dass sich Rut so gut um Noomi kümmert und sich in der Fremde auf deren Glaube, deren Heimat, deren Welt einlässt, spricht sich schnell herum. Boas – ein Verwandter Noomis sorgt dafür, dass die beiden versorgt sind. Rut wird schnell geachtet und respektiert. Noomi wiederum steht mit guten Ratschlägen zur Seite und fädelt ein, dass Rut und Boas heiraten. Gemeinsam bekommen sie ein Kind – das später im Stammbaum Davids steht und damit auch Teil von Jesu Stammbaum ist.
Rut und Noomi gehen ihren Weg, der gemeinsam begonnen hat, gemeinsam weiter und werden die Zukunft gemeinsam meistern. Im Leben und Sterben, in allen Schicksalsschlägen, in allen Höhen und Tiefen legen die beiden Frauen ihre Zukunft in Gottes Hand – mutig, glaubend, miteinander, vertrauend, vorbildlich. Wagen auch wir den nächsten Schritt, gemeinsam mit Gott.
AMEN

Lied EG 171, 1.2.4 Bewahre uns Gott

Sendung und Segnung
Fürbitten – dabei NL 41 Geh mit uns
Wenn wir uns miteinander auf den Weg begeben, dann sollen wir auch aneinander denken und füreinander beten. Zwischen den Fürbitten stimmen wir ein in den Kehrvers „Geh mit uns auf unserem Weg“
Gott, Du machst Dich mit uns auf den Weg, bist mit dabei, wenn wir unterwegs sind.
Weite Du unseren Blick für Deine Hoffnung, die uns Mut macht in Momenten, die uns Sorge bereiten. Stütze unseren Gang für schwere Wege, die vor uns liegen.
…wir bitten Dich: Geh mit uns
Öffne unsere Augen für die Schönheit und das Staunenswerte der Welt. Beschenke uns mit Dankbarkeit für alles Gute. Lass uns wahrnehmen, wer mit uns unterwegs ist, wer uns unterstützt und wo unsere Wegbegleiter Hilfe brauchen. Beschenke uns mit Geduld für alles, was uns nicht gleich gelingt.
…wir bitten Dich: Geh mit uns
Stärke unsere Füße, dass wir uns zu denen aufmachen, die unsere Hilfe brauchen.
Zeige uns Plätze zum Ruhen und Auftanken, wenn der Weg beschwerlich ist. Nimm unsere Hand, führe und begleite uns auf allen Wegen.
…wir bitten Dich: Geh mit uns
Als Deine Kinder beten wir…

Vaterunser
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Ansage
Lied: NL 123 Gottes Segen behüte Dich nun
Segen
Machen wir uns auf den Weg mit der Bitte um Gottes Segen:
Gott gehe mit auf deinem Weg,
wenn Du unterwegs bist und wenn Du ankommst.
Gott bleibe bei Dir und begleite Dich bei allem Tun und Lassen.
Gott gebe Dir Kraft bei allem Schweren und Freude bei allem Schönen.
Gott zeige Dir immer den richtigen Weg, der gut für Dich und Dein Gegenüber ist.
Gott gehe mit auf all Deinen Wegen.
So segne Dich Gott der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. AMEN
Musik zum Ausgang
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