gesammelte Beiträge von Juni und Juli aus Corona-Zeiten 2021:
1. Sonntag nach Trinitatis
2. Sonntag nach Trinitatis
3. Sonntag nach Trinitatis
4. Sonntag nach Trinitatis
5. Sonntag nach Trinitatis
6. Sonntag nach Trinitatis
7. Sonntag nach Trinitatis
8. Sonntag nach Trinitatis
1. Sonntag nach Trinitatis
Den Gottesdienst hält Prädikant Christian Buhr.
Unzuverlässige Mitarbeiter – es gibt sie immer und überall. Ihnen übertragene Aufgaben werden nicht sofort, nicht mit der nötigen Sorgfalt oder gar nicht ausgeführt. Dann bekommen sie unwichtige Aufgaben, die nicht so schnell umgesetzt sein müssen oder für den Erfolgt nicht notwendig sind. Je nach Situation wird auf solche Mitarbeiter auch ganz verzichtet. Ein Festhalten an ihnen setzt voraus, dass eine andere Beziehung, ein anderer Grund vorliegen muss, diesen Mitarbeiter zu halten.
Aber was soll man mit einem Mitarbeiter machen, der eine unmissverständlich geäußerte Aufgabe nicht nur nicht tut, sondern sogar davor wegläuft?
(Lesung aus Jona, Kapitel 1, Übersetzung BasisBibel)
1 Das Wort des Herrn kam zu Jona, dem Sohn des Amittai:
2 »Auf! Geh nach Ninive, in die große Stadt, und rede ihr ins Gewissen! Ihr böses Tun ist mir zu Ohren gekommen.«
3 Da machte sich Jona auf den Weg, aber genau in die andere Richtung. Er wollte vor dem Herrn nach Tarschisch fliehen. Als er in die Hafenstadt Jafo kam, lag dort ein Schiff, das nach Tarschisch fuhr. Er zahlte den Fahrpreis und stieg ein, um mit den Seeleuten nach Tarschisch zu gelangen. So glaubte er, dem Herrn aus den Augen zu kommen.
Jona bekommt einen Auftrag – und rennt weg, möglichst weit weg, nach Spanien, ans andere Ende der bekannten Welt. Vielleicht kein Wunder bei seiner Aufgabe: Gottes Gericht für eine der Metropolen des assyrischen Reiches ankündigen. Ninive war mit ca. 120.000 Einwohnern eine für damalige Verhältnisse unvorstellbar große Stadt. Und Jona wußte, dass Unglückspropheten selten gern gesehene Gäste sind. Wer mir, wer uns den Spiegel und unsere Fehler vorhält, der weiß, dass er nicht unbedingt mit Gegenliebe rechnen darf. So flieht Jona also vor dem Auftrag Gottes. Er meint, wenn er nur weit genug weg geht, dann findet Gott ihn schon nicht mehr. Jona, ein unzuverlässiger Mitarbeiter.
4 Doch der Herr ließ einen starken Wind losbrechen, der über das Meer fegte. Der Sturm wurde immer stärker, und das Schiff drohte auseinanderzubrechen.
5 Die Matrosen fürchteten sich und schrien um Hilfe, jeder betete zu seinem eigenen Gott. Dann begannen sie, die Ladung über Bord zu werfen, um das Schiff zu entlasten. Jona aber war nach unten in den Frachtraum gestiegen. Er hatte sich hingelegt und war eingeschlafen.
6 Da ging der Kapitän zu ihm hinunter und sagte: »Wie kannst du nur schlafen? Auf! Bete zu deinem Gott! Vielleicht ist er der Gott, der uns retten kann. Dann müssen wir nicht untergehen!«
Gott lässt seinen Mitarbeiter nicht in Ruhe. Jona schläft im Bauch des Schiffes, während um ihn herum die Naturgewalten Wasser und Wind toben. Schiffbruch war und ist eine große Gefahr für das Leben der Seeleute, eine Rettung ungewiss. Daher haben alle erfahrenen Matrosen Angst, Todesangst. Sie beten zu ihren Götzen. Jona betet nicht. Er will eine möglichst große Distanz zwischen sich und Gott bringen. Dazu passt Beten nicht. Erst der Kapitän erinnert ihn an das Gebet zu seinem Gott.
Wie sieht es bei uns aus? Beten wir, wenn unsere Beziehung zu Gott gerade nicht so gut ist?
7 Die Matrosen sagten zueinander: »Auf! Lasst uns Lose werfen! Sie werden uns sagen, wer schuld daran ist, dass dieses Unglück uns trifft!« Also ließen sie das Los entscheiden, und es traf Jona.
8 Da fragten sie ihn: »Sag uns doch: Wer ist schuld an diesem Unglück? Bist du es? Was ist dein Beruf? Woher kommst du? Wo bist du zu Hause? Aus welchem Volk stammst du?«
9 Er antwortete ihnen: »Ich bin ein Hebräer. Ich verehre den Herrn, den Gott des Himmels. Er hat das Meer und das Festland geschaffen.«
10 Da ergriff die Männer große Furcht, und sie sagten zu ihm: »Was hast du nur getan!« Denn die Männer hatten von seiner Flucht erfahren. Er hatte ihnen erzählt, dass er vor dem Herrn floh.
11 Sie fragten ihn: »Was sollen wir mit dir tun, damit sich das Meer beruhigt und uns verschont?« Denn die See tobte immer wilder.
12 Da sagte er zu ihnen: »Nehmt mich und werft mich ins Meer! Dann wird es sich beruhigen und euch verschonen. Denn ich weiß, dass es allein meine Schuld ist, dass ihr in dieses Unwetter geraten seid.«
13 Die Männer aber versuchten, mithilfe der Ruder das Festland zu erreichen. Doch sie schafften es nicht, denn die See tobte immer wilder gegen sie.
14 Da schrien sie zum Herrn und beteten: »Ach, Herr, lass uns nicht untergehen, wenn wir diesen Mann jetzt ins Meer werfen! Gib uns nicht die Schuld an seinem Tod! Denn du bist der Herr! Wie es dein Wille war, so hast du es getan.«
15 Dann packten sie Jona und warfen ihn ins Meer. Sofort beruhigte sich die See und hörte auf zu toben.
16 Da ergriff die Männer große Furcht vor dem Herrn. Sie brachten dem Herrn ein Schlachtopfer dar und legten Gelübde ab.
Das Los fällt auf Jona, als nach dem Schuldigen für das Unwetter gesucht wird. Und Jona betet immer noch nicht.
Wer bist Du? Woher kommst Du? Was ist Dein Beruf? Erst auf diese Fragen hin bekennt er sich zu Jahwe, zum Gott, der Himmel und Erde, Wasser und Festland erschaffen hat. Jona wird hier durch die Umstände dazu gezwungen, als Zeuge für seinen Glauben und seinen Gott aufzutreten. Aber immerhin tischt er den Seeleuten keine Lügen auf, sondern erzählt die Wahrheit. Passen die Worte und das Handeln von Jona zusammen? Jona besteigt ein Schiff um dem Gott davonzulaufen, der das Meer erschaffen hat?
Vielleicht kommt das dem einen oder anderen bekannt vor. Auch wir sind dazu aufgerufen, anderen von unserem Glauben zu erzählen. Die gute Nachricht von Gottes Liebe und Jesu Opfer können andere nur durch uns hören. Aber manchmal passt unser Handeln nicht zu unseren Worten, wie bei Jona.
Die Seeleute werfen Jona nicht sofort über Bord, sondern starten noch einen letzten, verzweifelten Versuch der Rettung aus eigener Kraft. Es ist eine verzwickte Situation und es gibt nur die Entscheidung zwischen falsch und falscher – menschenmögliche Leistung ist falsch, weil nicht ausreichend, einen Menschen töten, um andere zu retten, ist falscher.
Schließlich werfen sie Jona über Bord – das sichere Todesurteil für Jona, so denken die Matrosen. Und gleichzeitig das erhoffte, aber doch unerwartete geschieht für sie selbst: Der Sturm legt sich, das Schiff erreicht einen sicheren Hafen. Durch sein Opfer rettet Jona die Menschen auf dem Schiff. Und auch für Jona geht es noch weiter:
(aus Jona, Kapitel 2, Übersetzung BasisBibel)
1 Der Herr aber schickte einen großen Fisch, der Jona verschlang. Und Jona war drei Tage und drei Nächte lang im Bauch des Fisches.
2 Im Bauch des Fisches betete Jona zum Herrn, seinem Gott:
11 Da befahl der Herr dem Fisch, Jona an Land zu bringen.
Dort spuckte der Fisch ihn aus.
Jona kommt am Tiefpunkt an, er rechnet mit dem eigenen Tod, als er ins Meer geworfen wird. An dieser Stelle endet seine Flucht vor Gott.
Die wundersame Rettung erfolgt, weil ein großer Fisch, anders als Jona, die ihm gestellte Aufgabe Gottes durchführt. Jona überlebt drei Tage im Bauch des Fisches. In diesen drei Tagen denkt er nach und erkennt, wie barmherzig Gott ist. Der Lobgesang des Jona, nachzulesen in den Versen 3 – 10 die ich nicht vorgelesen habe, ist sein Glaubensbekenntnis. Er erkennt und bekennt, dass Gott barmherzig ist und dass Gott der Einzige ist, der wirklich helfen und retten kann. Jetzt ist Jona bereit, den Auftrag Gottes auszuführen.
Mich tröstet an dieser Geschichte, dass auch ein unzuverlässiger Mitarbeiter wie Jona von Gott nicht verlassen wird. Das gilt auch für uns. Wer Mitarbeiter im Reich Gottes ist, dem geht Gott nach. Er ist bei uns in allen Tiefen und Stürmen des Lebens und verlässt uns nicht. Wir dürfen auf Gottes Barmherzigkeit vertrauen. Von dieser Liebe und Barmherzigkeit dürfen, nein, sollen wir anderen erzählen. Und diese Barmherzigkeit soll unser Leben und Handeln bestimmen, denn jeder einzelne Mensch ist in Gottes Augen wertvoll.
Amen.
2. Sonntag nach Trinitatis
Den Gottesdienst hält Pfarrer Christian Mono. Der Predigttext steht in Matthäus, Kapitel 22.
Text Matthäus 22
1 Dann erzählte Jesus ihnen weitere Gleichnisse.
2 »Das Himmelreich gleicht einem König, der für seinen Sohn das Hochzeitsfest veranstaltete.
3 Er schickte seine Diener los. Sie sollten die Gäste holen, die zur Hochzeit eingeladen waren. Aber sie wollten nicht kommen.
4 Da schickte er noch einmal andere Diener los. Sie sollten den Eingeladenen sagen: ›Seht doch: Ich habe mein Festessen vorbereitet. Meine Ochsen und Mastkälber sind geschlachtet. Alles ist bereit. Kommt doch zum Hochzeitsfest!‹
5 Aber die Eingeladenen kümmerten sich nicht darum, sondern gingen ihrer Arbeit nach: der eine auf seinem Acker, der andere in seinem Laden.
6 Manche packten die Diener sogar, misshandelten und töteten sie.
7 Da wurde der König zornig. Er schickte seine Soldaten. Die Mörder ließ er umbringen und ihre Stadt niederbrennen.
8 Dann befahl er seinen Dienern: ›Das Hochzeitsfest ist zwar vorbereitet, aber die Eingeladenen waren es nicht wert, daran teilzunehmen.
9 Geht hinaus bis ans Ende der Stadt! Ladet alle Menschen zum Hochzeitsfest ein, die euch begegnen!‹
10 Die Diener gingen hinaus auf die Straßen und brachten alle mit, die sie dort fanden –böse wie gute Menschen. So füllte sich der Hochzeitssaal mit Gästen.
11 Der König kam in den Festsaal, um sich die Gäste anzusehen. Da sah er einen Mann, der nicht gekleidet war für eine Hochzeit.
12 Der König sagte zu ihm: ›Freund, wie bist du hier hereingekommen? Du bist ja gar nicht für eine Hochzeit angezogen!‹ Der Mann konnte aber keine Antwort geben.
13 Da befahl der König seinen Dienern: ›Fesselt ihn an Händen und Füßen und werft ihn hinaus in die Finsternis! Dort gibt es nur Heulen und Zähneklappern.‹
14 Denn viele sind zwar berufen, aber nur wenige erwählt.«
Gnade sei mit Euch und Friede von dem der da ist/war/kommt. Herr, leite Du nun unsere Gedanken, leite sie auf Deine Wahrheit hin.
Liebe Gemeinde,
sagen, was gilt und gelten soll von Gott her – das ist Jesu Aufgabe. Dafür erhebt Jesus seine Stimme.
Manchmal sagt er klar und direkt, was Gott will und zusagt. Etwa: Glückselig sind die Anstifter für Frieden, denn sie werden Kinder und Erben Gottes sein. Auch sonst in der Bergpredigt redet Jesus klar, direkt –
Oft aber redet er indirekt in Bildworte und Gleichnis-Erzählungen, so wie hier das Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl.
So wird es anschaulicher für die Leute damals mit ihrem Lebensalltag.
Und mit Gleichnissen und Beispielerzählungen kann Jesus die Leute auch fühlen und erfahren lassen, was es bedeutet. ein Beispiel?
Man kann direkt sagen: Gott ist gütig und liebevoll tröstend.
Oder indirekt im Bildwort:
Gott tröstet uns, wie einen seine Mutter tröstet – und sofort erinnern wir Hörer uns: Hingefallen mit dem neuen Fahrrad, aber dann hat die Mutter mich auf ihren Schoss genommen, geherzt, getröstet, das Aua weggepustet. Gott tröstet uns, wie einen seine Mutter tröstet. ; ähnlich, und doch anders
Darum macht Jesus mithilfe einer Geschichte das Gemeinte anschaulich. Die Bildhälfte erzählt Erfahrungen, wie sie Menschen damals in ihrem dörflich-bäuerlichen Alltag machen.
Schuften in Sonne und Staub, bis die Kleider kleben. Weinberg. Hunger Gewalt durch Soldaten. Oder es geht um die Träume der Leute, etwa hier ein königliche Hochzeitsmahl.
Früher haben die Ausleger und Prediger die Punkte der erzählten Geschichte zugeordnet: Was steht für was?
Hier also steht der König für Gott.
Der Bräutigam und Sohn ist Jesus.
Die Hochzeit bedeutet die enge Verbindung Mensch zu Gott: Gott nimmt den Menschen mit allen Stärken und Schwächen an und macht ihn gerecht, also bringt den Menschen in den Zustand, wie der Mensch ursprünglich gemeint war: ohne Sünde.
Besonders am Matthäusevangelium ist: Jesus schickt die Jünger in Kapitel 10 ausdrücklich nur zum Volk Israel, nicht zu den anderen Völkern.
Erst nachdem die Führer Israels die Tempelreinigung und Jesu Reden schlimm fanden und ihn also den Römern zum Töten überstellt hatten, erst nachdem das Volk Israel Jesus als den Messias abgelehnt hatten,
schickt der Auferstandene die Jünger: Geht in alle Welt; macht zu meinen Nachfolgern alle Völker.
Dasselbe sagt Jesus schon in diesem Gleichnis: zuerst waren Gäste eingeladen zur bedingungslosen Annahme und Gerechtmachung, zum erneuerten Verhältnis Gott-Mensch, aber die Eingeladenen nahmen es nicht an.
Anders all die anderen: Ladet alle ein, die Euch begegnen!
Und die kommen auch und vertrauen sich dem Messias an. Das steht für die Nichtjuden, also für uns.
Also zusammengefasst:
Jesus hält nicht direkt einen Vortrag, sondern sagt es in der Gleichniserzählung, mit Übertragung.
Wenn es um die Sache der Rechtfertigung geht, warum nimmt Jesus hier das Bild eines Königs? Nicht einen Weinbergbesitzer oder einen Sämann?
Als Sämann wäre Gott uns gleichrangig, als Weinbergbesitzer wäre Gott unser Chef, aber als KÖNIG hat Gott nicht nur Macht, sondern auch: er sorgt für uns.
Bis heute im Orient: der Emir von Qatar hält Hof, hört sich Nöte an, hilft mit Geld. Und genauso die Saudis, genauso die antiken Könige: ein König oder Clan-Häuptling gibt Fürsorge und Schutz.
Intuitiv und mit Gefühlen begreifen wir Gottes Rolle, wenn wir eingeladen werden zum Hochzeits-Mahl.
Zuerst begreifen wir mit Gefühlen ein erzähltes Gleichnis, danach erst mit der Ratio, dem Verstand.
2 »Das Himmelreich gleicht einem König, der für seinen Sohn das Hochzeitsfest veranstaltete.
3 Er schickte seine Diener los. Sie sollten die Gäste holen, die zur Hochzeit eingeladen waren.
Sofort stellen sich bei uns Bilder und Gefühle ein:
William und Kate, oder Harry und Meghan.
Prinzessin oder Prinz, mit Hochzeitskutsche, Prunkvoll gekleideten Dienern: viele kommen ins Schwärmen: einen Tag nur Prinzessin sein, einen Tag tauschen in das glamouröse Leben hinein. Und all die Eingeladenen!
Aber dann die Sensation: niemand kommt.
Was wären wir enttäuscht vor dem Fernseher: Statt des Erwarteten stehen die Kutschen herum, der Palasteingang leer, niemand kommt zum Fest.
Verwundert die Reporter, und der König verletzt, enttäuscht.
Zwei Stunden später klingelt es an meiner Tür: Ein Mann mit prunkvoller Uniform und hoher Mütze, einen Brief in der Hand: Hier, Sie sind eingeladen, Hochzeit mitzufeiern im Buckingham-Palast. Jetzt gleich.
Und so schwärmen viele Diener aus, alle Straßen, laden ein, wen sie treffen.
Ich bin überrascht, gar nicht drauf eingestellt, nichts Passendes anzuziehen, lange kein Englisch geredet.
Die Gedanken tanzen: Kann ich gemeint sein? Oder eher die England-erprobten Nachbarn?
Der Einlader drängelt, also gehe ich in Alltagskleidung hin, Blaumann und Jeansjacke.
Wenn ich irrtümlich eingeladen bin, dann stehe ich wenigstens nicht peinlich im Smoking da.
Hochzeit.
Dass Gott uns annimmt, wenn wir die Einladung von ganzem Herzen annehmen; Dass wir angenommen und richtig gemacht sind, zurecht gebracht, das Üble ausgebügelt: das ist das Fest.
Ladet alle ein, die euch begegnen!‹
10 Die Diener durch die ganze Stadt und brachten alle mit – böse wie gute Menschen. So füllte sich der Hochzeitssaal mit Gästen.
Gott macht gerecht, egal, wieviel auf dem Kerbholz ist.
Zum Fest gelangen wir allein, INDEM wir glauben: kein Irrtum, sondern Einladung gilt wirklich auch mir.
INDEM wir dem glauben, der die Einladung ausspricht;
Indem wir hingehen, ohne erst Englisch zu lernen oder sonst was zu leisten.
Du bist wirklich gerecht gemacht allein aus Glauben, ohne Werke.
Würden wir nicht glauben, sondern misstrauen: wir würden Gott wie einen Idioten dastehen lassen – so wie der König stehen gelassen ist mit den gekochten Speisen.
Du bist wirklich gerecht gemacht allein aus Glauben, ohne Werke.
Paulus hat das betont, Luther hat es wieder entdeckt, und es muss immer wieder ausgegraben werden, wenn es verschüttet wurde: allein aus Glauben, ohne Leistung.
Sich einlassen auf das Glauben, auf das sich kindlich Anvertrauen, wie wenn ein Kind hinfällt und plärrt und dann zur Mutter läuft, die dann tröstet.
Klar, aus dem glaubenden Vertrauen dürfen dann auch gute Taten folgen; ja sollen folgen, denn das Miteinander und die Erde brauchen sie so dringend.
Klar, Gott hat keine Hände, nur unsere Hände, und so dürfen wir einander das tun, was zum Leben dient.
Und auch das Matthäusevangelium betont, wie nötig gute Taten sind – aber sie sind nur Folge, nie der Grund für meine Rechtfertigung.
Aus dem sich schenkenden Christus soll kein Antreiber werden, soll weder Angst noch Verkrampfung werden:
Habe ich genug Gutes getan?
Habe ich mich genug aufgeopfert?
Reicht es, um dabei zu sein im Himmel?
Öfters fragen Frauen so, die immer für andere da waren, alle bedient haben; wenn es dann ans eigene Sterben geht: sie haben Angst vor Gott.
Finsternis, da gibt es nur Heulen und Zähneklappern.
Doch gerade hier hören wir nochmals genau hin:
Christus fordert nicht, sondern lädt ein zu vertrauen. Sich ihm anzuvertrauen.
Ja, wir dürfen einfach hingehen zum Hochzeitsfest der Gerechtigkeit Gottes, indem und wenn wir glauben: Gott meint uns mit dieser Einladung.
Klar ist es überraschend: ausgerechnet wir sind eingeladen, die wir immer wieder erliegen der Tendenz zur Gottferne, die wir immer wieder überwältigt werden von der Macht des Bösen, die wir immer wieder Böses tun, sagen, oder Gutes unterlassen.
Auch wir sind eingeladen, wir sind auch so gut genug für Gott; wir können einfach hingehen, feiern und fröhlich sein. Wir sind geliebt und gut bei Gott. Wir müssen keine Angst vor Gott haben und ängstlich auf unser Leben blicken, ob das auch für den Himmel reicht.
Wir sind doch eingeladen, es zu wagen.
Allerdings:
Wer das nicht glaubt, wer auf Nummer sicher gehen will, der geht in Arbeitsklamotten hin.
Wer weiß, vielleicht meint Gott doch nicht mich, oder vielleicht soll ich auch anpacken – dafür besser den Blaumann. Oder vielleicht soll ich zur Unterhaltung beitragen, so mit Gedicht aufsagen.
Nervös, unruhig schon auf dem Weg, daraus wird Angst, wenn wir betreten, und aus Angst wird Heulen und Zähneklappern.
Aber:
Gott macht uns gerecht, bringt uns zurecht, liebt uns – und dem dürfen wir uns anvertrauen.
So will die Liebe Gottes alle Angst abwaschen, auswaschen aus uns, und seine Liebe will uns wärmend ausfüllen.
Wenn wir dadurch Gott lieben, den Mitmenschen lieben, uns selbst lieben, dann ist Liebes-Hochzeit.
Gott hat sein JA-Wort schon gesagt; wir können unser JA-Wort sagen, und die Ehe gilt, egal wie gut oder schlecht wir uns dabei anstellen.
Es geht ja um Lieben – und darum ist im Bild der Hochzeit das gesagt, was Jesus in der Sache meint: Rechtfertigung, Gerecht machen, gut genug sein für Gott.
Christus ist der Bräutigam, und wir sind die Braut.
Kommt, sagt es allen weiter, ruf es in jedes Haus hinein! Komm, sagt es allen weiter: Gott selber lädt uns ein.
3. Sonntag nach Trinitatis
Den Gottesdienst hält Pfarrer Christian Mono.
Liebe Gemeinde!
In welcher Welt leben wir denn eigentlich?
Wer so fragt, muss das politische Geschehen in den Medien verfolgen.
Neben manchem Tragischen wie der Krebstod eines 20-jährigen, den viele von youtube kennen; neben vielerlei Katastrophen ging es in den vergangenen 3 Wochen um Folgendes:
Corona-Infektionen gehen bei uns runter, und doch: wir müssen weiter vorsichtig sein, weil die neuen Mutanten sehr viel leichter übertragen werden: also keine großen Feiern drinnen, eine Hochzeit etwa –
Einige Familienfeiern haben in Lissabon so viele Infektionen ausbrechen lassen, dass nun der ganze Großraum abgeriegelt ist.
Was waren noch Aufreger?
Erst verdienen Unionspolitiker an der Maskenvermittlung; dann scheinen tausende Masken nicht richtig zu wirken.
Und im April 2020 hat das Gesundheitsministerium 13 Mal so viele Masken beschafft wie nötig, und diese überteuert.
Bei der
Präsidentenwahl im Iran
siebt die Regierung moderate Kandidaten duzendweise aus, bis das Wahlvolk nur zwischen ultrakonservativen Hardlinern wählen kann.
Und dann Diesel- und Benzinpreis erhöhen: Union und SPD beschließen 15 Ct mehr pro Liter, die Grünen wollen 16 Ct mehr. Damit es Arme und Bedürftige nicht so hart trifft, sollen sie einen Ausgleich bekommen.
Insgesamt ist die Erhöhung aber gering, wenn man überlegt, wie schnell wir keine Treibhausgase mehr emittieren dürfen, um den Klimawandel zu begrenzen.
Insgesamt ist die Erhöhung aber sehr gering, wenn Laster und Busfahrer immer noch minutenlang den Dieselmotor im Stand laufen lassen; oder wenn einige ein Auto kaufen mit 5 Liter Hubraum – und einem Spritverbrauch von 20 Litern auf 100 km.
Oder die Zahl der Geflüchteten weltweit: 82 Mio, also so viel wie die ganze Bundesrepublik. Und die meisten Flüchtlinge nimmt auf: die Türkei mit 4 Mio; oder das kleine Libanon nimmt so viele auf wie seine Bevölkerung.
Vor lauter Getöse und Gebrülle ist es schwer, die ernsten Hintergründe auszumachen, und aus dem Wahlkampfgeklingel wirkliche Haltungen zu erkennen.
Da kann man dann den Eindruck bekommen, dass hier Blinde versuchen, Blinde zu führen. Der Absturz droht, ist vielleicht unausweichlich.
So schauen wir uns die Nachrichten an, als Zuschauer, die hier und da den Kopf schütteln oder in den sozialen Medien kommentieren – und uns Bestätigung holen.
Noten geben für das Vorturnen der Anderen. Aber Vorsicht! Schnell fällen wir pauschale Urteile über “die” Politiker oder “die” Gewerkschafter oder die Flüchtlinge.
Und oft unterscheiden wir nicht zwischen sachlichen Fehler und der Person.
Aber haben wir überhaupt die Rolle des Richters?
Müssen wir twittern und dabei die Anderen abwerten und für doof erklären, dabei haben wir ihre Worte nur nicht verstanden?
Und sehen wir nicht sehr schnell den Splitter im Auge des Anderen?
Dieses Bildwort Jesu macht ja auch klar: auch wir handeln, auch wir machen Mist, der zu verurteilen ist.
Und selbst wenn sich unser Handeln weniger auswirkt als das Handeln von Jens Spahn oder Olaf Scholz: wir alle sind gemeint und gemahnt: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.
Gut, als Christen wollen wir uns das sagen lassen:, Richtet nicht, damit Ihr nicht gerichtet werdet.
Das ist mehr als nur politische Correctness oder Benimm.
Vorsicht gegenüber schnellen Urteilen, daher geplapperten Vorurteilen, Vorsicht gegenüber Abwertungen und Schimpfwörtern soll uns eine Haltung werden.
Denn der Andere, dessen Tat oder Meinung wir nicht mögen: er bleibt ein Mensch, er bleibt ein Gotteskind wie ich auch.
Und diese Haltung soll sich ausdrücken und bewähren im persönlichen Alltag sowie im politischen Miteinander.
Denn das Wort: Seid barmherzig, das weist uns an unsere Mitverantwortung für die Anderen und die Welt.
Wer sich etwa mehrfach zur Corona-Impfung anmeldet, aber dann die Termine zu viel nicht absagt, handelt unbarmherzig gegenüber den Mitmenschen hier, die den Termin gerne gehabt hätten – und übrigens unbarmherzig gegenüber den Millionen Menschen in Afrika, die erst 2022 Impfdosen angeboten bekommen werden.
Haltung, Werte;
Haltung soll sich ausdrücken im Alltag – und da konkurrieren Barmherzigkeit mit Durchsetzungsvermögen und Selbstbewusstsein.
Gut, letztere braucht man auch, in Maßen gehört es zum angemessenen Umgang mit Anderen.; allerdings kann Selbstbewusstsein oder Durchsetzungsvermögen bestimmt sein vom Gefühl, zu kurz zu kommen; dann wird es Egoismus, und der Andere gerät außer Blick.
Seid barmherzig, das gilt auch für unsere Mitverantwortung für die Welt; denn genau überlegt hat jede Handlungsalternative politische Wirkungen, selbst ein Sich-heraus-halten.
Und unser Licht sollen wir nicht unter den Scheffel stellen.
Und außerdem spricht Jesus uns ja an als Salz für die Erde.
Seid für das Große Ganze so wichtig wie Salz für die ganze Mahlzeit.
Und eine Möglichkeit dazu eröffnet die Aufforderung: Seid barmherzig.
Was aber ist denn nun eigentlich Barmherzigkeit?
Nach zwei Seiten hin wird das entfaltet und verdeutlicht. “
Vergebt, so wird euch vergeben” und “Gebt, so wird euch gegeben.”
Also das Erlassen von Schuld und das großzügige Schenken sind hier Kennzeichen der Barmherzigkeit.
Das Vergeben kann manchmal ganz schön schwer sein. Ganz wenige Verse weiter sagt Jesus: „So sollt ihr beten: …und vergib uns unsere Schuld, wie auch wie vergeben unseren Schuldigern”.
Das will nicht als Bedingung verstanden werden: erst wenn ich vergebe, dann wird mir der Vater im Himmel auch vergeben.
Nein, Gottes Vergebung hat diese Bedingung nicht; denn im Kolosserbrief schreibt der Apostel auf:
12 Gott hat euch als seine Heiligen erwählt, denen er seine Liebe schenkt. Darum legt nun das neue Gewand an. Es besteht aus herzlichem Erbarmen, Güte, Demut, Freundlichkeit und Geduld.
13 Ertragt euch gegenseitig und vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorwirft. Wie der Herr euch schon vergeben hat, so sollt auch ihr vergeben!
Also nochmals ganz klar:
Weil Gott schon Dir und mir vergeben hat, darum können und sollen auch wir dem Täter eine Neue Chance geben.
Und wie geht Vergeben?
Zuerst soll der Täter gesagt bekommen: Das hat mich geschädigt oder geschmerzt, das und das war unrecht.
Wenn er es an sich heran lässt und zerknirschten Herzens wird und um Vergebung bittet, dann sollen wir sie aussprechen.
Aber der Täter soll auch versuchen, den angerichteten Schaden wieder gut zu machen, so dass die Beziehung neu beginnen kann, ohne Belastung.
Und das geschieht im Wissen: wenn ich mich selbst realistisch wahrnehme und ehrlich bin zu mir selbst, weiß ich um eigene Fehler.
Also: sich im Gottesdienst sagen lassen: Dir ist Deine Schuld vergeben. Und dann im Alltag anderen die Verfehlungen unbarmherzig vorhalten und Vergebungsbitten überhören, das geht nicht.
Ziel ist, dass wir uns selbst immer wieder realistisch wahrnehmen. Es ist doch viel leichter, bei anderen den Splitter zu sehen, als bei uns selbst den Balken zu erkennen.
Aber wer läuft schon gern mit einem Brett vorm Kopf rum? Wir selbst sollen frei werden. Daher: Vergebt, so wird euch vergeben.
Eine andere Seite der Barmherzigkeit ist das großzügige Schenken, das Geben für die, die in Not sind. Von Anfang an war dies Merkmal der Christen.
Etwa legte man zusammen, um arme Gemeindeglieder bestatten zu können.
Niemand hat gesagt: Du sollst Dich ausnutzen lassen.
Aber die Angst um meine Güter, das Haben wollen, das soll ausbalanciert sein mit dem Geben für den Mitmenschen in Not.
Schließlich gebe ich weiter, was Gott mir gegeben hat, geschenkt hat.
Gott teilt vielen von uns reichlich aus.
Wenn wir etwas von unserem Wohlstand weitergeben, dann wird uns das nicht um Haus und Hof bringen.
Im Gegenteil. Wir geben, weil uns gegeben wurde und wir werden von unserem Gott empfangen, was wir brauchen. In Zeiten, in denen das wirtschaftliche Denken alles beherrscht, mag das naiv klingen.
Und doch gibt es noch andere Maßstäbe als die des freien Handels und Profit-machens. Verlassen wir uns auf die Zusagen unseres Gottes. Dann können wir mit freiem Herzen auch barmherzig sein. Nun mahnt uns aber Jesus nicht nur zur Barmherzigkeit, sondern er nennt uns auch den Antrieb und die Grundlage dafür. Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist. Nächstenliebe hat ihre Wurzeln darin, dass ich die Liebe Gottes erfahren habe. Das ist ein Sinn unseres Gottesdienstes. Wir lassen uns stärken für unseren Alltag.
Uns begegnen viele Aufgaben, und Menschen, die für uns eine Herausforderung sind, Probleme die bewältigt werden müssen. Hier lassen wir uns zuerst mal zusagen, dass Gott auf unserer Seite ist und ein bisschen lassen wir uns auch die Richtung zeigen, in die unser Christenleben in der nächsten Woche führen könnte.
Wenn wir es schaffen, ein altes Kriegsbeil zu begraben, eine alte Geschichte endlich ruhen zu lassen und mit Menschen wieder neu anzufangen, so wie Joseph das mit seinen Brüdern tat, die ihn verraten und verkauft hatten, dann wird Gottes Barmherzigkeit in unseren Leben sichtbar und erfahrbar.
Wo wir ein Brett vorm Kopf verlieren und etwas zwischen uns und anderen Heil wird, da ist Gott mitten unter uns.
Noch einmal malt uns Jesus Gottes Großzügigkeit vor Augen.: “Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben.”
Gott rüttelt die Weizenkörner und drückt sie ins Tongefäß, bis alle Hohlräume minimiert sind und nichts mehr reinpasst; dann hält das Geschenk an Weizen länger, für mehr Brote.
Anders gesagt: Gott ist wie ein Wirt, der nicht kleinlich auf den Eichstrich schaut, sondern auch mal unverlangt “Doppelte” ausgibt.
Und Gott schenkt auch noch mal nach. Er tut das jedes Mal, wenn er uns sagen lässt, dass unsere Schuld vergeben ist, dass wir wieder neu anfangen können. Und er tut das, indem er uns das gibt, was wir zum Leben nötig haben, an Leib und Seele.
So weist Jesus uns an diese Welt mit den Worten “Seid barmherzig wie euer Vater barmherzig ist.”
Wir sehen die Welt mit Gottes Augen. Trotz allem Tragischen und trotz allen polit. Kaspertheaters ist es Gottes gute Schöpfung, für die wir Mitverantwortung haben und an der wir mitgestalten dürfen. In so einer Welt leben wir!
Amen
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4. Sonntag nach Trinitatis
Den Gottesdienst hält Prädikant Volker Geisel. (Predigttext 1. Mose 50, 15-21)
Liebe Gemeinde,
der heutige Predigttext erzählt von einem, der nicht ohne Stolz und Eitelkeit der bevorzugte Sohn in seiner Familie ist und sich so den Zorn seiner Brüder zuzieht. Er erzählt von der Eskalation dieses Familienstreits bis hin zu Mordabsichten. Es ist die Geschichte von Josef und seinen Brüdern.
Statt ihn zu töten, verkaufen die Brüder Josef aber schließlich an eine Karawane, die ihn in die Fremde Ägyptens führt. Und dort gelingt ihm der beeindruckende Aufstieg vom Sklaven zu einem angesehenen Berater und Beamten des Pharao.
Die Geschichte erzählt auch vom großen Leid des Vaters Jakob, der längst glaubt, dass sein Sohn tot ist, und sie erzählt von der Kuriosität des Lebens, wenn Jakob und seine Familie in den Zeiten einer Hungersnot auf die Hilfe ausgerechnet jenes ägyptischen Beamten angewiesen sind, der in Wahrheit der verkaufte Sohn der Familie ist.
Am Ende treffen die, die nicht miteinander konnten, wieder aufeinander und müssen sich neu zu einander verhalten. Davon hören wir im 1. Buch Mose im 50. Kapitel:
Die Brüder Josefs aber fürchteten sich, als ihr Vater gestorben war und sprachen: „Josef könnte uns gram sein und uns alle Bosheit vergelten, die wir an ihm getan haben.“ Darum ließen sie ihm sagen: „Dein Vater befahl vor seinem Tode und sprach: ‚So sollt ihr zu Josef sagen: Vergib doch deinen Brüdern die Missetat und ihre Sünde, dass sie so übel an dir getan haben.’ Nun vergib doch diese Missetat uns, den Dienern des Gottes deines Vaters!“ Aber Josef weinte, als man ihm solches sagte.
Und seine Brüder gingen selbst hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: „Siehe, wir sind deine Knechte.“ Josef aber sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes statt? Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. So fürchtet euch nun nicht; ich will euch und eure Kinder versorgen.“ Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.
Liebe Gemeinde! Die Fehlbarkeit des Menschen und wie sie uns immer wieder neu in Schuld verstrickt, ist in der Geschichte von Josef und seinen Brüdern an verschiedenen Stellen mit Händen zu greifen.
Im Lukas-Evangelium heißt es: „Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, und den Balken in deinem Auge nimmst du nicht wahr?“ Übertragen auf diese Geschichte können wir vielleicht sagen: Hier wird uns im wahrsten Sinne vor Augen geführt, wie ein jeder Mensch seinen Splitter der Schuld trägt, sei es in Form von Stolz oder Neid, von Verleumdung, Lüge oder Zorn. Die Geschichte von Josef und seinen Brüdern bringt also zugespitzt eine Wahrheit zur Sprache, die uns alle betrifft.
Wenn eine solche Schuldverstrickung aber das Grundmuster des Lebens ist, dann müssen wir eigentlich die Köpfe hängen lassen. Alles Bemühen um ein Leben frei von Schuld erinnert dann an die Geschichte von Sisyphos, der einen Stein einen Hügel hinaufrollt, ihn aber kurz vor dem Ziel aus den Händen verliert und dann wieder von vorne anfangen muss. Das wären wahrlich deprimierende Aussichten.
Aber das ist gerade nicht der Ausblick, den uns die Geschichte von Josef und seiner Familie geben will. Sie stellt uns trotz großer Schuld etwas Anderes in Aussicht. Das gelingt, weil Gott und seine Absicht mit der Welt und den Menschen darin einen Platz finden. So kann es zu dem großartigen Satz kommen: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“
Schauen wir uns die Szene etwas genauer an, die der Predigttext schildert:
Voller Furcht machen sich die Brüder auf den Weg zu Josef. Die Hungersnot treibt sie – die Sorge ums pure Überleben. Wie sollen sie sich dem Bruder gegenüber verhalten?
Es bleibt ein Stück weit offen, ob ihr Vorgehen das Ergebnis echter Reue, strategischer Überlegungen oder nackter Überlebensangst ist. Der Bruder ist groß und mächtig geworden, und es ist kein Vater mehr da, der sich schützend vor sie stellen könnte. In jedem Fall holt die frühere Tat sie wieder ein.
Wir wissen es vielleicht aus eigener Erfahrung, wie sehr alte Geschichten an einem hängen können. Man kann sich innerlich schütteln, wie man will – sie steigen immer wieder aus der Tiefe auf und holen uns ein.
Auch die Brüder winden sich. Sie beziehen sich auf die Autorität des verstorbenen Vaters. Sie hoffen auf Fürsprache. So viel Angst steckt ihnen in den Knochen.
Vielleicht sind es Josefs Tränen, die sie erst wirklich bei ihrer Schuld ankommen lassen. Es bleibt offen, ob es Tränen des Schmerzes sind, Tränen der Rührung oder Tränen der Erleichterung, dass seine Familie in dieser Weise neu auf ihn zukommt.
Es sind jedenfalls Tränen, die die Brüder zum Kniefall erweichen. Das Vergehen kommt in seiner ganzen Schwere zurück, drückt sie zu Boden, sodass ihnen nur der Weg bleibt, ihrem Bruder anzubieten, seine Knechte zu werden.
Hier verdichtet sich in einer Geste, was es im Leben immer wieder und ganz alltäglich auszuhandeln gibt. Wir stellen uns selbst und anderen die Schuldfrage. Wir müssen um Entschuldigung bitten oder sie gewähren. Das ist meistens ein komplizierter Vorgang, egal ob es sich zwischen Eltern und Kindern abspielt, in der Ehe oder der Partnerschaft, am Arbeitsplatz oder wo auch immer.
Schuldig werden und vergeben – da geht es auch um Macht und Ohnmacht, um Über- und Unterordnung. Mit Schuldzuweisungen wird in manchem Streit gekämpft. Sie sind ein scharfes Schwert.
Aber Josef setzt dieses Schwert nicht ein. Er, der gute Gründe hätte, die Brüder im Kniefall verharren zu lassen oder sie gar zu demütigen, der richtet sie auf. Er tröstet sie und redet freundlich mit ihnen.
Das würden wir uns manchmal auch wünschen, dass wir solche Größe hätten. Denn es könnte so manchen Streit, manches Zerwürfnis auf eine neue Bahn bringen und eine Perspektive zur Lösung, ja zum Frieden bringen.
Josef greift auf, was die Brüder zuerst ansprechen. Da ist doch noch ein Gott. Da ist doch noch der Gott unseres Vaters, der auch unser Gott ist. Und wie ein dritter Bezugspunkt schiebt sich Gott in diese Schuldgeschichte und öffnet den Blick auf einen neuen Weg, der die Bahn der Schuld verlässt. „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“
Liebe Gemeinde, uns klingt vielleicht der Satz vertrauter: „Wer weiß, wofür das noch gut ist?“ Es ist die in eine Frage gekleidete Hoffnung, dass selbst das Schlimme, das man nicht wahrhaben will und kaum aushalten kann, am Ende doch noch sinnvoll wird. Wie schön ist es, wenn es sich im Rückblick so erschließt.
Gleichzeitig kann uns dieser Satz aber auch besorgt machen, weil er Schmerz und Kummer, aber auch Schuld schnell wegredet und wegdenkt. Der Splitter steckt noch im Auge – in meinem und in deinem. Es tut weh.
Was Josef in seiner Jugend mit seinen Brüdern erleben musste, das ist schlimm und furchtbar. Es schmerzt und rührt zu Tränen.
Aber Josef macht die Entdeckung, dass Gott trotzdem mit ihm und seinen Brüdern auf dem Weg zum Heil bleiben will. Gott trotzt dem Unheil, das in dieser Familie angerichtet wurde. Er nimmt den bösen Taten die Macht, alle weiteren Wege zu bestimmen. Mitten in der Schuld und mitten im Schmerz eröffnet er einen Weg, der Josef und seine Brüder aus der Schuld und dem Unheil herausführt.
Man kann sich das mit dem Bild von einer großen Autobahn klarmachen – einer mehrspurigen Autobahn, die einen schnell immer weiter in die Schuld führt, immer weiter in Streit und Zerwürfnis, in Rache und neuen Streit hinein.
Aber Gott bietet beharrlich wieder und wieder eine Ausfahrt an. Immer neu eröffnet er den Weg, der wegführt von der Bahn des Verderbens.
Gott bleibt beharrlich bei seinen guten Absichten. Er bleibt dabei, dass er Josef und seine Brüder zu einem großen Volk machen will. Genau so bleibt er dabei, dass er unseren Lebensweg immer wieder neu in heilsame Gefilde lenken will. Unsere Vergehen und unsere Schuld können diese Auswege nicht verbauen.
Liebe Gemeinde, es gibt eine Geschichte in der Bibel, in der Gott selbst auf diese Autobahn des Verderbens gerät. So groß ist sein Ärger über die Menschen, dass er ihre Schuld mit der Sintflut beantwortet. „Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde.“
Erst im Gegenüber mit Noah tut sich die Ausfahrt auf, die am Ende der Geschichte heißt: „Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen, um der Menschen willen.“
Und so ist es bis heute geblieben. Die Bahn, in der nach Gottes Willen unser Leben seinen Lauf nimmt, ist nicht verfluchte Schuld, sondern neu eröffnetes Heil durch Vergebung und Liebe.
Uns bleibt die Aufgabe, den Blinker zu setzen und auf diese Bahn einzubiegen. Auf die Bahn, die uns ganz persönlich aus der Erfahrung von Schuld heraus neu in die Zukunft gehen lässt. Auf die Bahn, die wir suchen müssen an den vielen Stellen unserer Welt, wo Menschen in Schuld und Schuldzuweisung ausweglos verstrickt sind.
„Er tröstete sie und sprach freundlich mit ihnen.“ – Mit dieser Haltung begibt sich Josef auf die Bahn, die er durch Gott findet. In Josef ist der göttliche Geist lebendig, der nicht zu brechen ist, sondern der das Leben und die Zukunft will.
Dazu werden uns im Leben in und hinter jeder Erfahrung von Schuld neue Wege von Gott angeboten. Wir finden diese Abzweige manchmal erst mitten in der Furcht, im Kniefall oder in den Tränen. Aber sie begleiten uns als das große Versprechen Gottes an uns Menschen.
Denken wir immer wieder an dieses Wort, wenn andere oder wir selbst von den Gedanken an Schuld belastet werden. Und spüren wir, welche befreiende Kraft davon ausgeht:
„Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“
Amen.
5. Sonntag nach Trinitatis
(Den Gottesdienst hält Frau Dekanin Ulrike Trautz.)
Predigttext:
Die Botschaft vom Kreuz erscheint denen,
die verloren gehen, als eine Dummheit.
Aber wir, die gerettet werden,
erfahren sie als Kraft Gottes. (1. Kor 1,18)
Liebe Gemeinde,
das Kreuz ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig,
nicht nur auf Friedhöfe und in Kirchen,
sondern auch als Schmuck auf der Haut,
an Hals, Arm oder Ohren getragen
und immer häufiger auch als Tattoo in die Haut hineingezeichnet.
Das sieht hübsch aus – je nach Geschmack –
aber ob es in den meisten Fällen noch viel mit dem christlichen Glauben zu tun hat, das wage ich zu bezweifeln.
Das Kreuz als christliches Symbol wird zunehmend harmlos und sinnentleert.
Weniger verharmlosend sind die Kreuze, an denen ein leidender Körper angebracht ist. Sie findet man fast nur in Kirchen und manchmal auch an Wegkreuzen.
Der Anblick eines solchen sog. Kruzifixes ist für viele ungewohnt, weil sie nicht mehr so oft eine Kirche von innen sehen.
Kinder schrecken manchmal zurück, wenn sie die Nägel, die Dornenkrone und das Blut entdecken. Sie sehen noch die Grausamkeit des Kreuzes, die uns schon zur Gewohnheit geworden ist.
Denn das Kreuz ist ja eigentlich ein Folterwerkzeug, ein Mordinstrument, um Menschen zu demütigen, zu strafen, sie ihrer Würde zu berauben – und letztlich zu Tode zu quälen.
Was soll das eigentlich, so etwas Abstoßendes aufzustellen in Räumen, in denen doch ein guter Geist und eine einladende Atmosphäre herrschen sollte?
Schon damals in Korinth fanden viele die Botschaft vom Kreuz unsinnig und dumm.
Und doch behauptet Paulus, dass sich gerade darin die Kraft und die Weisheit Gottes zeigt.
Der gekreuzigte Christus – nicht als Symbol des Scheiterns, sondern als untrügliche Zeichen: Gott steht auf der Seite der Schwachen, der Gescheiterten und der Verspotteten. Er steht auf der Seite derer, die nach den Maßstäben von Leistung und Moral nichts zählen – wie z.B. die im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlinge, deren Leben uns nichts wert zu sein scheint.
Die Botschaft vom Kreuz erscheint denen,
die verloren gehen, als eine Dummheit.
Aber wir, die gerettet werden,
erfahren sie als Kraft Gottes.
Spüren wir denn etwas von dieser Gotteskraft?
Vielleicht, wenn wir uns selbst elend und verlassen fühlen, von Krankheit oder Einsamkeit geplagt.
Da begegnet mir in Jesus Christus einer, der weiß wie es mir geht. Der versteht, wie ich mich fühle. An dem ich mich festhalten kann und glauben, dass er mich mit sich nimmt auf seinen Weg, der durch das Leid hindurch in die Freude führt.
Vielleicht am Bett der immer kränker und schwächer werdenden Mutter, deren Geist schon lange verwirrt ist.
Man fragt sich, ob das Leben so noch lebenswert ist.
Aber in ihrem Antlitz spiegelt sich der leidende Christus und die Würde wird wieder spürbar, die in ihr bleibt – durch ihn – und trotz allem. Und dann ist die Kraft wieder da, um bei ihr auszuharren bis die Zeit kommt und sie – mit ihm – gehen darf …
Vielleicht, wenn wir gegen den Mainstream für etwas Gutes einstehen und darum Konsequenzen befürchten müssen.
Wenn ich z.B. den Bau einer Windkraftanlage befürworte, weil ich davon überzeugt bin, dass es gut für die Umwelt ist – und zwar obwohl sie mir persönlich den Ausblick in die Natur verschandelt und mich meine Nachbarn sicher dafür hassen werden.
Jesus hat keine Konsequenzen gescheut. Bei ihm finde ich die Kraft zu tun, was richtig ist.
Vielleicht, wenn jetzt schon die Ressourcen in unserer Kirche immer knapper werden. Wenn Mitglieder fehlen, Finanzen, Gebäude und Personal eingespart werden müssen.
Hoffentlich fassen wir dann im Angesicht des Kreuzes die Zuversicht, dass eine schwächer werdende Kirche auf neue, andere Art und Weise ihr Kraft entfalten und Menschen zum Glauben ermutigen kann.
Die Botschaft vom Kreuz erscheint denen,
die verloren gehen, als eine Dummheit.
Aber wir, die gerettet werden,
erfahren sie als Kraft Gottes.
Ja, es ist wohl so. Mit dem Verstand lässt sich die Botschaft vom Kreuz nicht durchdringen. Es bleibt paradox, dass da einer scheitert und stirbt und dadurch den Menschen Heil und Leben bringt. Wer das nur rational zu erklären versucht, muss daran scheitern oder bleibt zumindest an der Oberfläche. Klugheit hilft nicht allzu viel für den Glauben.
Und trotzdem können wir ihr auf der Spur bleiben – der Kraft, die vom Kreuz ausgeht. Uns ihr in den Situationen anvertrauen, in denen wir sie so dringend brauchen. Uns berühren lassen von dem leidenden Christus, in dem sich das Elend dieser Welt wiederspiegelt und doch in ihm überwunden ist.
Wenn wir nur auf der Suche bleiben, dann wird sich uns diese Gotteskraft immer wieder in unserem Leben erschließen – tröstlich, lebendig und heilsam.
Es ist gut, dass die Kreuze in unseren Kirchen stehen. Und auch dass uns immer wieder bewusst wird, wie anstößig sie sind.
Hier am Kreuz, da hat alles Elend dieser Welt seinen Platz.
Hier darf es sein. Und auch bleiben.
Damit wir frei davon werden
und erlöst weitergehen in unserem Leben –
mit Jesus Christus an unserer Seite.
Amen.
6. Sonntag nach Trinitatis – KONFI II
(Den Gottesdienst mit dem 2. Teil der Konfirmation gestaltet Pfarrer Rolf Weiß – bei der Festhalle.)
Liebe Festgemeinde, und ganz speziell: liebe Konfirmandinnen [und Konfirmanden]!
Heute, mit der Konfirmation, geht für den zweiten Teil eurer Gruppe die Konfirmandenzeit zu Ende. Es war eine besondere Zeit – in vielerlei Hinsicht. Das muss ich jetzt gar nicht weiter ausführen. Entscheidend ist: Ihr werdet heute gesegnet, jede und jeder Einzelne von euch. Der Segen ist bei der Konfirmation so wichtig, dass man manchmal von der Konfirmation auch als der »Einsegnung« spricht. Segen – was ist das eigentlich? Was geschieht da?
Wir können beschreiben, was man beim Segen äußerlich wahrnehmen kann. Eine Person legt einer anderen die Hände auf und spricht dazu Worte. Besondere Worte sind es, Segensworte eben. Aber die äußerliche Beschreibung dringt noch nicht tiefer ein in das Wesen des Segens. Denn, so möchte ich es einmal sagen: Die eigentliche Wirkung des Segens ist ein innerer Prozess. Sie hat etwas zu tun mit Erfahrung, Gefühl, Berührung – im übertragenen Sinne –, aber auch mit Erwartung und Sehnsucht. Segen kann tief gehen – oder mich völlig kaltlassen. Je nachdem.
Segen, liebe Gemeinde und liebe Konfirmand*innen, ist mehr als ein paar gesprochene Worte in Verbindung mit einer Geste. Da steht im Grunde eine ganze Welt dahinter. Diese Welt des Glaubens ist anders als unsere Alltagswelt, in der es immer mehr um Leistung geht.
Eure Eltern und Großeltern mögen in Euch ein großes Geschenk sehen, jemanden, für den sie Gott danken, für ein einzigartiges, wunderbares Wesen. Eine ganz besondere Art, die Welt anzuschauen.
Ihr, liebe Konfirmand*innen, habt diese Welt des Glaubens wenigstens ein wenig erkunden können. Ihr seid durch sie hindurch gewandert, an den ersten Unterrichtssamstagen, später am Bildschirm oder bei den Andachten und Gottesdiensten habt ihr darin Entdeckungen gemacht. Ihr habt davon an verschiedenen Stellen ein wenig berichtet, in der Gemeindezeitung, im Gottesdienst.
Und vieles von dem, was ihr in dieser Welt des Glaubens entdeckt habt, passt zu dem, was mit dem Segen heute bekräftigt werden soll. Gott ist immer für einen da. Man ist nie allein. Das gibt einem das Gefühl, geborgen zu sein. Gerade in Zeiten, in denen man in ein tiefes schwarzes Loch fällt. Manche von Euch haben in dieser Welt für sich entdeckt, wie einzigartig jeder Mensch ist. Und so könnt Ihr mit der Konfirmation überzeugt „Ja!“ sagen zu eurer Taufe und diese als Euren eigenen Willen bekräftigen.
Ich glaube, das sind große Schätze, die ihr da gefunden habt. Schätze, die euch einen Halt geben können, wenn die Stürme des Lebens über euch einbrechen und ihr das Gefühl habt, niemand mag euch und ihr macht alles falsch. Diese Zeiten, wo ihr Gefühle dieser Art habt, werden kommen, damit müsst ihr rechnen. Da ist es gut, wenn man nicht den Boden unter den Füßen verliert. Wenn man etwas in seinem Rucksack hat, was einem hilft zu bestehen.
Die Welt des Glaubens: Gar nicht wenige Menschen glauben, diese Welt sei nur etwas für Kinder. »Wo ist denn der liebe Gott?«, fragen sie. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«
Aber: »Es gibt in der Welt Geheimnisse, die kann man nicht wissenschaftlich erklären. Man muss sie anders verstehen. Das Thema ›Gott‹ gehört dazu«.
Wenn das stimmt, dann verläuft die Suche nach Gott anders, als viele meinen. Wenn Gott im Letzten ein Geheimnis ist, dann kann man Gott nicht einfach sehen. Dann sind alle unsere Vorstellungen nur Krücken, tastende Versuche, uns dem Geheimnis Gottes zu nähern. Der Mensch, der mit Gott spricht, kann davon erfahren und das weitergeben.
Vielleicht habt gerade Ihr einmal Gelegenheit dazu. Denn mit der Konfirmation dürft Ihr nun Patin/ Pate werden. Wir haben ja beim letzten Unterrichttermin mehr als 20 Aufgaben von Pat*innen entdeckt und zusammengestellt. Sie gehen weit über die Gabe von materiellen Geschenken hinaus. Ich bin sicher, das habt Ihr durch eure eigenen Paten erlebt.
Die Welt des Glaubens geht nicht auf in unserer Welt der Berechnungen, Daten und Fakten. Im Märchen »Der kleine Prinz« – vielleicht der Lehrerzählung schlechthin für uns moderne Menschen – heißt es bezeichnenderweise: »Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar«.
Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Die Welt der Wissenschaft ist faszinierend und hat uns viele Fortschritte gebracht.
Aber es gibt Dimensionen unserer Wirklichkeit, die lassen sich mit ihr nicht erfassen. Davon redet die Welt des Glaubens auf ihre eigene, symbolische Weise. Ich wünsche Euch, dass Ihr die Wirklichkeit dieser Welt des Glaubens gespürt habt. Und dass Ihr auch weiterhin Euren Platz in Eurer Kirchengemeinde findet. Dass Ihr dort angenommen werden und Euch wohl fühlt. Dass Ihr dort auch mit Euren Problemen aufgenommen werdet und Hilfe erfahrt.
Uns, den Mitarbeitenden in der Gemeinde und speziell im KU, war es wichtig, euch ein wenig auf den Geschmack zu bringen, euch einzuführen in diese geheimnisvolle Welt, die vielen Erwachsenen ferngerückt ist und nach der sich viele Menschen doch insgeheim sehnen. Der Welt, von der sich so mancher getragen weiß, sich völlig in Sicherheit fühlt und im Frieden.
Wir werden euch heute segnen. In der Schutzgebärde der Hände, die ich über euch halte, kommt zum Ausdruck: Was auch mit euch sein wird, wo ihr auch seid, wie es auch um euch steht: Ihr seid behütet und beschützt. In dieser Hinsicht kann euch nichts zustoßen. Die ganze Welt des Glaubens soll in dieser Geste aufleuchten.
Die Gewissheit, geborgen zu sein in Gott, soll euch tragen, euer Leben lang, was auch kommen mag.
Amen.
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7. Sonntag nach Trinitatis
(Den Gottesdienst hält Prädikant Volker Geisel.)
MUSIK ZUM EINGANG
BEGRÜSSUNG
„Alle am Tisch“, lautet das Leitbild dieses Sonntags. Wir werden daran erinnert, dass wir durch den Glauben zu einer großen Hausgemeinschaft von Schwestern und Brüdern verbunden sind.
Diese Gemeinschaft soll spürbar sein in unseren Gruppen und Kreisen und überall dort, wo wir im
Alltag unseren Aufgaben nachgehen. In dieser Gemeinschaft feiern wir sonntags Gottesdienst. Und
in dieser Gemeinschaft hören wir miteinander auf Gottes Wort, lassen uns stärken und trösten, aber
auch ermahnen und leiten.
GEMEINDELIED EG 320, 1+5+6+8: Nun lasst uns Gott dem Herren
1. Nun lasst uns Gott dem Herren Dank sagen und ihn ehren
für alle seine Gaben, die wir empfangen haben.
5. Sein Wort, sein Tauf, sein Nachtmahl dient wider alles Unheil;
der Heilig Geist im Glauben lehrt uns darauf vertrauen.
6. Durch ihn ist uns vergeben die Sünd, geschenkt das Leben.
Im Himmel solln wir haben, o Gott, wie große Gaben!
8. Erhalt uns in der Wahrheit, gib ewigliche Freiheit,
zu preisen deinen Namen durch Jesus Christus. Amen.
VOTUM UND GRUSS
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen.
Der Herr sei mit euch …
… und mit deinem Geist.
HINFÜHRUNG ZUM PSALM
Schon die Menschen in alter Zeit wussten darum, wer die Menschen zur Gemeinschaft
zusammenführt und ihnen das Lebensnotwendige schenkt. Der Psalm 107 nimmt diese Gedanken auf:
PSALM ZUM EINGANG EG 758.1: Psalm 107
Danket dem Herrn, denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.
So sollen sagen, die erlöst sind durch den Herrn,
die er aus der Not erlöst hat,
die er aus den Ländern zusammengebracht hat
von Osten und Westen, von Norden und Süden.
Die irregingen in der Wüste, auf ungebahntem Wege,
und fanden keine Stadt, in der sie wohnen konnten,
die hungrig und durstig waren
und deren Seele verschmachtete,
die dann zum Herrn riefen in ihrer Not,
und er errettete sie aus ihren Ängsten
und führte sie den richtigen Weg,
dass sie kamen zur Stadt, in der sie wohnen konnten:
die sollen dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder,
die er an den Menschenkindern tut,
dass er sättigt die durstige Seele
und die Hungrigen füllt mit Gutem.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und
immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
EINGANGSGEBET
Barmherziger Gott, wir danken dir, dass du uns als Gemeinde zusammenführst, dass du uns gute
Wege für unser Miteinander zeigst und uns mit dem ausstattest, was wir zum Leben brauchen. Und
wir sind froh, dass du uns zutraust, gut miteinander umzugehen, damit jeder ein gutes Auskommen
hat.
Zugleich wissen wir, dass wir oft mehr darauf bedacht sind, das zu sichern, von dem wir glauben,
dass es uns zusteht. Gedanken an Veränderung und Umkehr erschrecken uns manchmal, und wir
versuchen zu verteidigen, was wir haben.
Darum bitten wir dich um einen Blick für das, was vielen Menschen dient, um die Bereitschaft zum
Teilen, um Mut und Kraft zum Handeln. Amen.
GNADENSPRUCH Joh 10, 10b
Durch Gottes Wort wird uns zugesagt, dass er sich um uns kümmert und uns gibt, was wir brauchen:
Christus spricht: „Ich bin gekommen, dass sie das Leben und volle Genüge haben sollen.“
GEMEINDELIED EG 326, 1+3+6: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
1. Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut, dem Vater aller Güte,
dem Gott, der alle Wunder tut, dem Gott, der mein Gemüte mit seinem reichen Trost erfüllt,
dem Gott, der allen Jammer stillt. Gebt unserm Gott die Ehre!
3. Was unser Gott geschaffen hat, das will er auch erhalten,
darüber will er früh und spat mit seiner Güte walten. In seinem ganzen Königreich
ist alles recht, ist alles gleich. Gebt unserm Gott die Ehre!
6. Wenn Trost und Hilf ermangeln muss, die alle Welt erzeiget,
so kommt, so hilft der Überfluss, der Schöpfer selbst, und neiget die Vateraugen denen zu,
die sonsten nirgends finden Ruh. Gebt unserm Gott die Ehre!
HINFÜHRUNG ZUM PREDIGTTEXT
Liebe Gemeinde, als 2018 die Ordnung der Predigttexte überarbeitet wurde, kamen auch einige
Texte aus dem Alten Testament hinzu, über die vorher nur selten gepredigt wurde. Einem dieser
Texte begegnen wir heute:
PREDIGTTEXT 1 Kön 17, 1-16
Und es sprach Elia, der Tischbiter, aus Tischbe in Gilead zu Ahab: „So wahr der Herr, der Gott
Israels, lebt, vor dem ich stehe: Es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es
denn.“
Da kam das Wort des Herrn zu ihm: „Geh weg von hier und wende dich nach Osten und verbirg dich
am Bach Krit, der zum Jordan fließt. Und du sollst aus dem Bach trinken, und ich habe den Raben
geboten, dass sie dich dort versorgen sollen.“
Er aber ging hin und tat nach dem Wort des Herrn und setzte sich nieder am Bach Krit, der zum
Jordan fließt. Und die Raben brachten ihm Brot und Fleisch des Morgens und des Abends, und er
trank aus dem Bach.
Und es geschah nach einiger Zeit, dass der Bach vertrocknete; denn es war kein Regen im Lande.
Da kam das Wort des Herrn zu ihm: „Mach dich auf und geh nach Sarepta, das zu Sidon gehört,
und bleibe dort; denn ich habe dort einer Witwe geboten, dass sie dich versorge.“ Und er machte
sich auf und ging nach Sarepta.
Und als er an das Tor der Stadt kam, siehe, da war eine Witwe, die las Holz auf. Und er rief ihr zu
und sprach: „Hole mir ein wenig Wasser im Gefäß, dass ich trinke!“ Und als sie hinging zu holen,
rief er ihr nach und sprach: „Bringe mir auch einen Bissen Brot mit!“
Sie sprach: „So wahr der Herr, dein Gott, lebt: Ich habe nichts Gebackenes, nur eine Handvoll Mehl
im Topf und ein wenig Öl im Krug. Und siehe, ich habe ein Scheit Holz oder zwei aufgelesen und
gehe heim und will’s mir und meinem Sohn zubereiten, dass wir essen – und sterben.“
Elia sprach zu ihr: „Fürchte dich nicht! Geh hin und mach’s, wie du gesagt hast. Doch mache zuerst
mir etwas Gebackenes davon und bringe mir’s heraus; dir aber und deinem Sohn sollst du danach
auch etwas backen. Denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt
werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der Herr regnen lassen wird
auf Erden.“
Sie ging hin und tat, wie Elia gesagt hatte. Und er aß und sie auch und ihr Sohn Tag um Tag. Das
Mehl im Topf wurde nicht verzehrt, und dem Ölkrug mangelte nichts nach dem Wort des Herrn, das
er geredet hatte durch Elia.
LOBSPRUCH Ps 119, 105
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege. Halleluja.
Halleluja, halleluja.
PREDIGT
Liebe Gemeinde, vielleicht kennen manche von Ihnen Herrmann. Herrmann ist ein Hefeteig in einem
hohen Gefäß, den man in der Regel von anderen geschenkt bekommt. Ich kann mich erinnern, dass
meine Schwester in den Achtzigerjahren mal eine Schüssel mitbrachte und diese dann über Monate
in unserem Kühlschrank stand.
Diesen Hefeteig muss man dann regelmäßig mit wenigen Zutaten füttern, bis er ausgewachsen ist.
Dann teilt man ihn in vier gleiche Teile: Zwei Teile gibt man an Freunde und Bekannte weiter, einen
Teil kann man einfrieren oder wieder neu füttern und aus dem letzten Teil backt man einen Kuchen.
Das Wichtigste an Herrmann ist aber, dass man ihn nicht für sich behält und dass er bei der richtigen
Pflege nie aufhört zu wachsen.
Bei der Erzählung von Elia und der Witwe aus Sarepta fiel mir dieser Herrmann ein. Auch in dieser
Geschichte werden das Mehl im Topf und das Öl im Krug nicht weniger, sondern vermehren sich,
obwohl man etwas daraus entnimmt.
Einen entscheidenden Unterschied zwischen Herrmann und dem Mehl der Witwe gibt es allerdings:
Bei Herrmann muss man regelmäßig Mehl und Milch nachfüttern, damit er weiterwächst und nicht
eingeht. Die Witwe hingegen hat keine Zutaten, die sie noch hinzufügen könnte. Und dennoch
vermehren sich Mehl und Öl.
Schauen wir uns das Verhalten der Witwe etwas genauer an: Da sammelt sie gerade etwas Holz
ein, als dieser fremde Mann aus einem anderen Volk auf sie zutritt: „Hole mir ein wenig Wasser im
Gefäß, dass ich trinke. Bringe mir auch einen Bissen Brot mit.“
Keine höfliche Frage, keine Bitte – sondern ein Befehl. Das Wasser will sie ihm ja gerne holen, aber
zu essen hat sie offenbar selbst kaum etwas. Trotzdem kommt sie der Aufforderung nach.
Sie zeigt keine Ablehnung, aber eine gewisse Skepsis scheint anfangs erkennbar zu sein, ob sie
und ihr Sohn dann selbst noch überleben können. Aber nachdem Elia ihr Mut zugesprochen hat –
„Fürchte dich nicht!“ –, da geht sie und erfüllt seinen Wunsch.
Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass sie Vertrauen in die Verheißung Gottes setzt, die Elia ihr
zugesprochen hat: „Denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt
werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der Herr regnen lassen wird
auf Erden.“
Interessant ist dabei, dass sie selbst einem Volk angehört, das den Wettergott Baal verehrt.
Ausgerechnet diese Witwe vertraut auf das Wort des Gottes Israels, das König Ahab verschmäht
hat und damit die Krise erst ausgelöst hat. Vielleicht hat die Witwe auch als Erste bemerkt, dass der
Wettergott Baal gegenüber dem Gott Israels nicht bestehen kann.
Im Hinblick auf die Witwe liegt das Entscheidende an dieser Geschichte darin, dass sie all ihr
Vertrauen in die Verheißung Gottes setzt. Erst durch dieses Vertrauen erfüllt sich die Verheißung
und ihr Teilen wird zum Segen.
Liebe Gemeinde, um die Seinen zu versorgen, geht Gott manchmal ungewöhnliche Wege. Er
gebraucht dazu Menschen, von denen man es nie erwartet hätte – wie diese Witwe aus Sarepta.
Und hier, in dieser Geschichte, sind es nicht nur Menschen, die er dazu gebraucht, sondern auch
Tiere. Im vorhergehenden Abschnitt, am Bach Krit, sind es Raben, die Elia zu essen bringen.
Auch hier ist das Ungewöhnliche nicht, dass Gott seinen Propheten versorgt, sondern wie er das
tut. Nach allem, was man aus anderen Geschichten kennt, hätte man vielleicht eher Manna und
Wachteln vom Himmel erwartet, oder einen Engel, der zu Elia kommt. Doch Gott hat andere Pläne
und schickt Raben.
Raben haben eigentlich keinen guten Ruf. Wir kennen den Begriff „Rabeneltern“ und meinen damit
nichts Positives. Raben sind äußerst schlaue und gewiefte Tiere, sie fressen Fleisch und haben
einen ausgeprägten Futterneid. Auf trickreiche Weise verstecken sie ihre Beute und legen sich so
Vorräte an.
Was die Menge ihrer Vorräte und ihren Erfindungsreichtum im Auftreiben von Nahrung angeht, ist
es kein Wunder, dass ausgerechnet sie Elia versorgen sollen. Was ihren Futterneid betrifft, jedoch
schon. Freiwillig würden sie nie etwas hergeben.
Doch Gottes Auftrag an sie ist klar: Fürsorge für den Mann Gottes. Und so kommt es: „Die Raben
brachten ihm Brot und Fleisch des Morgens und des Abends.“ In der Krise müssen eben
ungewöhnliche Wege beschritten werden, und Elia überlebt, weil sich die Raben von Gott
gebrauchen lassen.
Liebe Gemeinde, werfen wir noch einen Blick auf den Anfang der Erzählung. Da steht ja eine
Ankündigung des Propheten: „So wahr der Herr, der Gott Israels, lebt, vor dem ich stehe: Es soll
diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, ich sage es denn.“
Der Auslöser der Dürre ist, dass König Ahab von Israel sich vom Gott Israels abwendet, um fortan
dem Wettergott Baal zu dienen. Und dies tut er wohl seiner Frau Isebel zuliebe, einer phönizischen
Prinzessin. Und so, wie Ahab im Folgenden beschrieben wird, fällt ihm das auch nicht besonders
schwer – wo ihm doch der Gott Israels eher unbequem ist.
Ein Gott, der ihm auf die Finger schaut und Vorschriften im Sozialverhalten macht, passt nicht in
sein Konzept. Da ist der Wettergott, der Reichtum und Fruchtbarkeit verspricht, doch deutlich
lukrativer.
Doch so leicht gibt sich Gott nicht geschlagen – weiß er doch, dass Baal gegen ihn keine Chance
hat. Wenn es sein muss, wird er mit ihm zu einem Wettstreit antreten. Er will den König wachrütteln
und ihm deutlich machen, dass er auf das falsche Pferd setzt, dass er sich auf etwas verlässt, das
seinem Leben keinen Halt geben kann.
Wenn er Ahab beweist, dass es Baal nicht gibt, dass er nicht einmal für Tau am Morgen sorgen
kann, dann muss er doch begreifen und von seinem falschen Weg ablassen.
Doch zunächst schickt Gott noch Elia zu Ahab, um ihn zu ermahnen und zur Vernunft zu bringen –
aber vergeblich. Ahab schlägt den Rat in den Wind und Gott stellt den Regen ein. Mit dem
Verursachen der Dürre ringt Gott um sein Volk, vertreten durch König Ahab.
König Ahab lässt sich also nicht warnen. Eine Reaktion, die uns nur allzu vertraut ist. Wenn wir eine
Warnung erhalten, dann erschrecken wir zwar zunächst, doch dann setzen sich oft schnell die
eigenen Interessen und Befindlichkeiten wieder durch.
Große Ereignisse, gute wie schlechte, werfen oft ihre Schatten voraus. Doch wie oft nehmen wir die
Zeichen der Zeit nicht ernst. Wie oft schlagen wir Warnungen in den Wind. Solange es nicht akut ist,
beruhigen wir uns gerne mit den Gedanken: „So schlimm wird es schon nicht werden.“
Wir alle haben sie gehört, die Warnungen der Experten vor dem Klimawandel, den Folgen unseres
Wirtschaftssystems, den Waffenlieferungen in autoritär geführte Staaten, der ungerechten
Verteilung von Lebensmitteln und Lebenschancen, der sozialen Ungerechtigkeit im Lande oder den
Konsequenzen der Technisierung und der überbordenden Mediennutzung.
Aber sich warnen zu lassen, das hieße ja, etwas anders machen zu müssen und seine eigenen
Prioritäten zu hinterfragen und Verantwortung zu übernehmen. Das wäre ziemlich unbequem.
Und immer wieder sehen wir: Es muss viel geschehen, damit wir uns wachrütteln lassen, damit wir
anfangen, unser Handeln zu hinterfragen. Selbst Unwetterkatastrophen wie in diesen Tagen werden
– so fürchte ich – nicht zu einem dauerhaften Umdenken führen.
Nicht nur an Ahab, sondern auch an uns ist also die Frage gerichtet: Was ist das eigentlich für ein
Gott – oder eher Götze –, dem wir dienen? Ist es unsere eigene Bequemlichkeit, unser Luxus oder
der Wunsch nach mehr? Woher kommt unsere Gedankenlosigkeit im Umgang mit Mitmenschen und
Natur?
Das sind Fragen, die jeder für sich selbst klären muss. Auf jeden Fall lassen sich Krisen nicht einfach
Gott in die Schuhe schieben, als hätten wir von nichts gewusst.
Liebe Gemeinde, ich möchte zum Schluss noch einmal drei Dinge hervorheben, die sich für mich
aus dieser Geschichte ergeben:
1. Es ist wichtig, sich warnen zu lassen und die Zeichen der Zeit nicht zu ignorieren. Krisen können
uns wachrütteln und uns dabei helfen, unsere Ausrichtung und unser Handeln neu zu hinterfragen
und noch Schlimmeres zu verhindern.
2. Wenn ein anderer sich in einer Notlage befindet, von der ich selbst nicht betroffen bin, dann ist es
mein Auftrag von Gott, ihm zu helfen. Auch wenn es mir noch so sehr widerstrebt oder ich mich
überhaupt nicht für die Krise des anderen verantwortlich fühle, so bin ich doch in der Pflicht zur
Fürsorge. Mein eigener Wohlstand ist eine Gnade Gottes und er will mich wie die Raben
gebrauchen, um die Not eines Anderen zu lindern. In einer Krise müssen alle näher
zusammenrücken.
3. Wenn ich selbst in einer Krise bin, dann hilft es mir, auf Gottes Verheißung zu vertrauen. Gegen
allen äußeren Schein wird er mir aufhelfen, so dass ich zwar mit Narben, aber doch gestärkt aus der
Krise hervorgehe. Vielleicht sogar so stark, dass ich anderen von meiner Stärkung noch abgeben
kann.
Und ein „Fürchte dich nicht“ steht dabei über allem: Denn über aller Not und allem Segen steht die
Weisheit Gottes, der sich um uns sorgt und seine Verheißungen an uns erfüllt. Amen.
GEMEINDELIED EG 667, 1-4: Selig seid ihr
1. Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt. Selig seid ihr, wenn ihr Lasten tragt.
2. Selig seid ihr, wenn ihr lieben lernt. Selig seid ihr, wenn ihr Güte wagt.
3. Selig seid ihr, wenn ihr Leiden merkt. Selig seid ihr, wenn ihr ehrlich bleibt.
4. Selig seid ihr, wenn ihr Frieden macht. Selig seid ihr, wenn ihr Unrecht spürt.
FÜRBITTENGEBET
Gott, du rufst uns alle an einen Tisch und schenkst uns deine Liebe. Du gibst uns eine gute Ordnung
für unser Leben, und du willst, dass wir einen Blick für unsere Mitmenschen haben – für das, was
ihnen guttut, und für das, was sie brauchen:
Mach uns bereit zur geschwisterlichen Liebe. Hilf uns, dass wir deinen Ruf nicht überhören und ihn
nicht von anderen Pflichten und Interessen übertönen lassen. Stärke unsere Hoffnung auf deine
neue Welt und mach uns offen für deine Gegenwart.
Bewahre uns davor, dass wir unser Leben nur für uns leben wollen, vorbei an denen, die deine Nähe
und deine Gaben besonders nötig haben, hier in Deutschland und in der weiten Welt.
Öffne unsere Augen für die, die neben uns leben, und mach uns bereit, auf sie zu hören und auch
von ihnen zu lernen. Vielleicht kommst du in ihrer Gestalt auch zu uns.
Wir bitten dich besonders für Menschen, die unter Terror und Krieg, Hunger und Krankheit leiden,
dass sie durch dich Hilfe und Rettung erfahren.
Und wir bitten dich für die Menschen, die von den Überschwemmungen schwer betroffen sind, die
um Angehörige trauern und Hab und Gut verloren haben. Schenke ihnen Mut und Kraft für alles,
was sie durchstehen müssen.
Wir bitten dich für an Leib und Seele leidende Menschen, dass sie stark werden und dass Menschen
da sind, die ihnen beistehen in Wort und Tat.
Wir bitten dich für die Traurigen, dass sie nicht von der Dunkelheit überwältigt werden, sondern
durch dich Lebensmut und Hoffnung erhalten.
STILLES GEBET
GEBET DES HERRN
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie
im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie
auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns
von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
FRIEDENSGRUSS
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in
Christus Jesus. Amen.
GEMEINDELIED NL 93, 1-3: Wo Menschen sich vergessen
1. Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen und neu beginnen, ganz neu,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.
2. Wo Menschen sich verschenken, die Liebe bedenken und neu beginnen, ganz neu,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.
3. Wo Menschen sich verbünden, den Hass überwinden und neu beginnen, ganz neu,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.
ABKÜNDIGUNGEN
WOCHENSPRUCH Eph 2, 19
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes
Hausgenossen.
SEGEN
Gehet hin im Frieden des Herrn:
Der Herr segne euch und behüte euch!
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig!
Der Herr erhebe sein Angesicht über euch und gebe euch Frieden!
Amen, amen, amen.
MUSIK ZUM AUSGANG
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8. Sonntag nach Trinitatis
An diesem Sonntag findet in Diedelsheim und in Dürrenbüchig kein Gottesdienst statt, sondern ein Regio-Gottesdienst zum Unionsjubiläum im Brettener Stadtpark.
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