Archiv April 2021


gesammelte Beiträge aus Corona-Zeiten 2021:


Gründonnerstag
Karfreitag
Ostersonntag
Quasimodogeniti
Misericordias Domini
Jubilate


Gründonnerstag



Den Gottesdienst hält Prädikant Volker Geisel. Er hat den gesamten Gottesdienstablauf zur Verfügung gestellt.

MUSIK ZUM EINGANG

GRUSS | BEGRÜSSUNG | VOTUM

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Freundschaft, enttäuschtes Vertrauen und verratene Liebe, Traurigkeit und Wehmut. Am letzten Abend, den Jesus mit seinen Jüngern verbringt, zeigen sich auch menschliches Unvermögen und Schuldig-Werden. Das Böse kommt oft gar nicht Aber die Liebe will das Leben und stiftet Versöhnung. An diese Liebe, die Jesus seinen Jüngern und uns allen erweist, erinnern wir uns an diesem Abend. Und auch wenn wir heute nicht die Nähe beim Abendmahl erleben können, wissen wir uns doch zugehörig zur Gemeinschaft der Menschen, die in Jesu Liebe verbunden sind.

So feiern wir Gottesdienst im Namen dessen, der uns zusammenruft und mitten unter uns ist – im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Das erste Lied spannt den Bogen vom Gesang der Engel in der Nacht von Bethlehem bis zu Jesu Weg durch Leiden und Tod zum Leben:

LIED: NL 203, 1-3: Verraten, verspottet
1. Verraten, verspottet, verhöhnt und verlacht, verklungen die Lieder der heiligen Nacht. Die Engel, sie schweigen, sie singen nicht mehr, das Lob ist verstummt und die Herzen sind leer.
R: Lass in deinem Leiden unser Leid vergehn und uns zu wahrem Leben mit dir auferstehn.
2. „Hosianna“ und „kreuzige!“ sind sich so nah, im Garten flieht hilflos der Jünger Schar. Dein Leiden und Sterben, wofür sind sie gut? Herr, schenk mir in Angst und in Dunkelheit Mut.
R: Lass in deinem Leiden …
3. Du gehst deinen Weg, wie auch Menschen ihn gehn, hilf mir, auch im Dunkel den Weg noch zu sehn; denn du kennst mein Leiden, die Angst und den Schmerz, du hältst meine Hände und tröstest mein Herz.
R: Lass in deinem Leiden …

HINFÜHRUNG ZUM PSALM
Im Abendmahl erneuert Gott seinen Bund mit uns Menschen. Schon im alten Israel hatten die Menschen auf den Bund vertraut, den Gott einst mit ihnen geschlossen hatte. Das klingt im Psalm 111 an:

PSALM ZUM EINGANG: NL 954: Ps 111
Halleluja! Ich danke dem Herrn von ganzem Herzen
im Rate der Frommen und in der Gemeinde.
        Groß sind die Werke des Herrn;
        wer sie erforscht, der hat Freude daran.
Was er tut, das ist herrlich und prächtig,
und seine Gerechtigkeit bleibt ewiglich.
        Er hat ein Gedächtnis gestiftet seiner Wunder,
        der gnädige und barmherzige Herr.
Er gibt Speise denen, die ihn fürchten;
er gedenkt auf ewig an seinen Bund.
        Er lässt verkündigen seine gewaltigen Taten seinem Volk,
Die Werke seiner Hände sind Wahrheit und Recht;
alle seine Ordnungen sind beständig.
        Sie stehen fest für immer und ewig;
        sie sind geschaffen wahrhaftig und recht.
Er sandte Erlösung seinem Volk
und gebot, dass sein Bund ewig bleiben soll.
Heilig und hehr ist sein Name.
        Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang.
        Wahrhaft klug sind alle, die danach tun.
        Sein Lob bleibet ewiglich.

EINGANGSGEBET
Herr, es ist Abend geworden, das Licht wird schwächer, die Dunkelheit kommt näher. Wir denken an diesem Abend an dein letztes Mahl mit deinen Jüngern. Wir denken an die Nacht, in der du verraten wurdest. Wir denken daran, wie alle dich verließen und du die bitterste Enttäuschung erleben musstest.
Du doch hast du uns an diesem Abend mit deinem Mahl ein besonderes Geschenk gemacht. Wir dürfen dir ganz nahe sein. Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit schenkst du uns. Deine liebevolle Gegenwart dürfen wir spüren.
Wir bitten dich, Herr, für alle, die an diesem heutigen Abend deine Nähe feiern. Lass sie Kraft und Leben aus deiner Gegenwart empfangen. Schließe uns alle zusammen zu deiner Gemeinde und erhöre uns, wenn wir um dein Erbarmen bitten. Amen.

GNADENSPRUCH: Joh 6, 51
Jesus hört, was uns bewegt, und er stärkt uns durch sein Wort:
Christus spricht: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.“

HINFÜHRUNG ZUM PREDIGTTEXT
Liebe Gemeinde, eigentlich erwarteten die Freunde von Jesus einen Pessach-Abend, wie sie ihn kannten. So wie jedes Jahr. Die gewohnte Liturgie. Einen feierlichen und zugleich fröhlichen Abend. Einen Festabend zur Erinnerung daran, wie Gott sein Volk wunderbar errettet und befreit hat. Aber dann kommt es ganz anders.

Hören wir die Worte aus dem Matthäus-Evangelium im 26. Kapitel:

PREDIGTTEXT: Mt 26, 17-30

Aber am ersten Tag der Ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus und sprachen: „Wo willst du, dass wir dir das Passalamm zum Essen bereiten?“ Er sprach: „Geht hin in die Stadt zu einem und sprecht zu ihm: Der Meister lässt dir sagen: Meine Zeit ist nahe; ich will bei dir das Passamahl halten mit meinen Jüngern.“ Und die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Passalamm.
Und am Abend setzte er sich zu Tisch mit den Zwölfen. Und als sie aßen, sprach er: „Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten.“ Und sie wurden sehr betrübt und fingen an, jeder einzeln zu ihm zu sagen: „Herr, bin ich‘s?“ Er antwortete und sprach: „Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten. Der Menschensohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.“ Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach: „Bin ich‘s, Rabbi?“ Er sprach zu ihm: „Du sagst es.“
Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach‘s und gab‘s den Jüngern und sprach: „Nehmet, esset; das ist mein Leib.“ Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: „Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden. Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich aufs Neue davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.“ Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.

LIED: EG 223, 1-3: Das Wort geht von dem Vater aus
1. Das Wort geht von dem Vater aus und bleibt doch ewiglich zu Haus, geht zu der Welten Abendzeit, das Werk zu tun, das uns befreit.
2. Da von dem eignen Jünger gar der Herr zum Tod verraten war, gab er als neues Testament den Seinen sich im Sakrament,
3. gab zwiefach sich in Wein und Brot; sein Fleisch und Blut, getrennt im Tod, macht durch des Mahles doppelt Teil den ganzen Menschen satt und heil.

PREDIGT
Liebe Gemeinde, der Pessach-Abend begann wie gewohnt. Doch dann redet Jesus plötzlich von Verrat. Einer von ihnen wird es tun. Später sagt er noch mehr merkwürdige Dinge. „Nehmt. Esst. Mein Leib. Nehmt. Trinkt. Mein Blut.“ Das ist so nicht vorgesehen im altvertrauten Ablauf dieses Abends.
Und auf einmal ist es nicht mehr nur die alte Tradition, nicht mehr einfach die gewohnte Liturgie. Sondern es entsteht etwas ganz Persönliches. Den Jüngern dämmert: Was hier geschieht, das geht sie persönlich an. Da geht es um Jesus. Und um sie.
Abendmahl ist immer etwas ganz Persönliches. Viele Gelehrte haben sich über das Abendmahlsverständnis den Kopf zerbrochen. Ihre Gedanken füllen ganze Bibliotheken. Vielleicht sitzen Luther und Zwingli im Himmel in irgendeiner stillen Ecke und diskutieren immer noch darüber.
Und auf der Erde diskutieren viele mit. Vielleicht sollen all diese schlauen Gedanken auch dazu beitragen, das Geheimnis des Abendmahls nicht zu dicht an sich heranzulassen. Analysieren und diskutieren hilft ja, sich zu distanzieren.
Meiner Meinung nach ist es aber viel wichtiger, dass wir uns einfach einlassen auf das, was da geschieht. Und dass wir dabei merken: Das ist ja etwas ganz Persönliches. Da geht es nämlich um mich. Und um Jesus.
An drei Stichwörtern will ich das deutlich machen. Ganz persönlichen Worten:

1. Bin ich’s?
Der Tisch ist feierlich gedeckt. Der Festsaal ist schön vorbereitet. Jesus legt sich mit seinen Jüngern zu Tisch. Und dann fängt er auf einmal an und sagt: „Einer unter euch wird mich verraten!“
Ich stelle mir vor, wie lähmende Stille einkehrt. Tiefe Betroffenheit. Und wie die Jünger sich erschrocken und ratlos anschauen.
Aber dann haben sie eben nicht überlegt und schon gar nicht gesagt: „Der ist’s!“, oder: „Jener wird wohl gemeint sein!“ Sie suchen die Schuld nicht bei den anderen. Sondern einer nach dem anderen fragt: „Herr, bin ich’s?“
Wir sagen ja selbst auch so gern: Der war’s. Oder die. Schuld sind doch immer die anderen. Die Geschwister haben angefangen mit dem Streit. Die Eltern sind schuld am verpfuschten Leben. Die Umstände waren halt so. Die Medien sind schuld. Der Klimawandel. Die Politik. Und so weiter, und so fort.
Das ist schon seit Adam und Eva so. „Die Frau, die du mir gegeben hast“, sagt Adam. Und Eva schüttelt den Kopf und sagt: „Die Schlange war‘s!“
Da sind die Jünger viel weiter. Die suchen die Schuld nämlich nicht bei den andern, sondern erst mal bei sich selbst. „Herr, bin ich’s?“ Jeder von ihnen hält sich wohl für fähig, diesen Verrat zu begehen.
Ja, schon beim ersten Abendmahl sind nicht lauter rechtschaffene, hochanständige und besonders fromme Menschen versammelt. Abendmahl, das ist schon immer die Tischgemeinschaft der Sünderinnen und Sünder. Der Leute, die von Gott getrennt sind. Die immer wieder Schuld auf sich laden. Es ist die Tischgemeinschaft der Menschen, die Vergebung brauchen.
Und da geht es nicht um die Schuld der anderen. Sondern um meine eigene. Das ist eine ganz persönliche Sache. „Ich, ich und meine Sünden … Ich bin’s, ich sollte büßen“, heißt es in einem unserer Passionslieder. Wohl den Menschen, die über dieses „Ich“ irgendwann mal heftig erschrecken. Das kann ein heilsames Erschrecken sein.
Und das Tolle ist: Ich bin – trotz meiner Schuld und mit meiner Schuld – eingeladen an den Tisch von Jesus. Ich. Sie. Jede und jeder. Ganz persönlich.

2. Für euch!
Es ist ja kein Zufall, dass Jesus die Schuldfrage gerade an diesem Abend buchstäblich auf den Tisch bringt. Das, was jetzt geschieht und was in den nächsten Stunden geschehen wird, hat mit unserer Schuld, mit unserer Sünde, mit unserer Gottferne direkt zu tun.
Jesus wird keine 24 Stunden mehr leben. Die Evangelien berichten uns sehr detailliert all das, was dann geschieht. Aber jetzt, hier, beim Abendmahl, jetzt erklärt Jesus das, was bald geschehen wird. Jetzt, beim gemeinsamen Mahl, deutet er seinen Tod für seine Jünger.
Jesus greift den üblichen Ablauf der Mahlfeier auf und verändert ihn zugleich radikal. Als er das Brot reicht, sagt er: „Nehmet, esset, das ist mein Leib.“ Und später dann beim Weitergeben des Weinbechers: „Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.“
Sünde muss vergeben werden, wenn sie nicht ewig zwischen uns und Gott stehen soll. Und Vergebung kann niemand für sich selbst machen. So wie sich niemand an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen kann. Rettung muss von außen kommen. Vergebung kann mir nur von außen geschenkt werden.
Jesus erklärt hier die Vergebung zu seiner Sache. Darum kümmert er sich. Und er greift zurück auf den Propheten Jesaja, wo es heißt: „Mein Knecht, der Gerechte, wird den Vielen Gerechtigkeit schaffen, denn er trägt ihre Sünden.“
Und so wie beim ersten Pessach-Fest das Blut des Lammes, das an die Türpfosten gestrichen wurde, Leben gerettet hat – denn an diesen Häusern ging der Todesengel vorüber – so erklärt Jesus jetzt bei diesem Pessach-Fest, dass sein Blut Leben retten wird.
Sünde ist tödlich. Deshalb will Jesus sie uns nehmen, wegnehmen, abnehmen, auf sich nehmen – und vergeben. Dafür zahlt er einen hohen Preis. Nämlich sein Leben. Seinen Leib, der zerbrochen, sein Blut, das vergossen wird. Darunter geht es nicht. Aber das sind wir ihm wert.
Für euch! Gut – hier im Matthäus-Evangelium steht dieses „für euch“ gar nicht. Da steht „für viele“. Aber genau das stellt uns doch vor die Frage: Für mich auch? Gehöre ich zu den Vielen? Bin ich jemand, der die frohe Botschaft von der Vergebung der Schuld durch Jesus für sich gelten lässt? Für sich annimmt? Ganz persönlich?
Dazu sind Sie, dazu sind wir alle eingeladen. Zu sagen: „Ja, Jesus, ich will das für mich persönlich hören. Ich will das glauben und mich daran halten, dass du für mich gestorben bist. So dass keine Sünde mehr zwischen mir und Gott steht. Dass ich in die weit geöffneten Arme des Vaters kommen darf. Ich will dieses Geschenk annehmen und ich will mich von Herzen darüber freuen.“
Damit werden Sie eine oder einer von den Vielen. Und dann gilt eben, was Jesus nach anderen Berichten ja auch gesagt hat: „Für euch!“

3. Mit euch
Und aus dem „für euch“ soll dann ein „mit euch“ werden. Vergebung hat ein Ziel. Wo Vergebung geschieht, ist nämlich wieder Gemeinschaft möglich.
Diese Gemeinschaft nimmt Jesus noch in den Blick. Er weiß, dass er in wenigen Stunden sterben wird. Und er erklärt, warum das so geschehen muss. Aber er blickt auch schon über sein Sterben hinaus. Der Tod wird ihn nicht halten können. So sagt er:
„Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich aufs Neue davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.“
>Das ist das Ziel. Darauf läuft das alles hinaus. Jesus freut sich jetzt schon darauf, dass er im Himmel, in der Ewigkeit, in Gottes neuer Welt mit seinen Leuten anstoßen und ein fröhliches Festmahl feiern kann.
„Mit euch“, sagt er. Da sollt ihr mit dabei sein. Deshalb ist die Sache mit der Vergebung ja so wichtig. Damit wir dabei sein können in der Ewigkeit. Da eröffnet das Abendmahl einen ganz weiten Horizont.
Bei jeder Abendmahlsfeier – und wenn sie noch so schlicht und einfach und ernst und vielleicht für manche auch einmal langweilig daherkommen mag – gibt uns Jesus einen Vorgeschmack auf dieses himmlische Freudenfest.
Das Abendmahl weist uns darauf hin, dass der Auferstandene uns in seinem Reich erwartet. Jede und jeden von uns. Ganz persönlich. Und im Abendmahl ist der auferstandene Jesus selbst gegenwärtig und schenkt allen, die es annehmen, Vergebung und neues Leben.
Jesus hat mit seinen Freunden damals noch den Lobgesang gesungen. Das waren im Verlauf der Feier die Psalmen 113 bis 118. In diesem 118. Psalm heißt es unter anderem: „Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen.“
Das Abendmahl ist die Tischgemeinschaft der Sünderinnen und Sünder. Das Mahl der Vergebung. Die Feier des Lebens. Das Fest der Vorfreude auf das Reich Gottes. Auch wir werden dieses Fest bald wieder feiern – Gemeinschaft miteinander, Gemeinschaft mit Jesus! Amen.

LIED: NL 155, 1-3: Ich bin das Brot, lade euch ein
1. Ich bin das Brot, lade euch ein. So soll es sein, so soll es sein! Brot lindert Not, brecht es entzwei. So soll es sein, so soll es sein!
R: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
2. Ich bin die Quelle, schenk mich im Wein. So soll es sein, so soll es sein! Schöpft aus der Fülle, schenkt allen ein. So soll es sein, so soll es sein!
R: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.
3. Nehmt hin das Brot, trinkt von dem Wein. So soll es sein, so soll es sein! Wenn ihr das tut, will ich bei euch sein. So soll es sein, so soll es sein!
R: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison.

FÜRBITTENGEBET
>Guter Gott, du teilst aus – und wir empfangen. Du gibst uns Speise – und wir werden satt. Du kommst uns nah – und es wird hell.
Darum bitten wir dich für alle Christen, die du in deiner Kirche versammelt hast, hier in Diedelsheim und auf der ganzen Welt: Stärke unseren Glauben, hilf uns, Trennendes zu überwinden, und führe uns immer wieder zusammen.
Für die Menschen, die an Körper und Geist Hunger leiden, die krank sind, die sich einsam fühlen oder an sich selbst zweifeln, bitten wir dich: Schenke ihnen vom Brot des Lebens, dass sie neue Kraft bekommen und wieder Lebensmut fassen.
Für die Menschen, die nach Gerechtigkeit dürsten, weil sie auf der Flucht vor Krieg und Katastrophen sind, bitten wir dich: Steh ihnen bei in ihrer Not und hilf auch uns, mit unseren Möglichkeiten ihre Not zu lindern.
Guter Gott, nimm dich all unserer Sorgen und Ängste an, um uns selbst und um unsere Mitmenschen, und stärke ins uns das Vertrauen, dass du bei uns bist. Amen.

STILLES GEBET

GEBET DES HERRN
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

FRIEDENSGRUSS
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

LIED: NL 118, 1: Der Herr segne dich
R: Der Herr segne dich, behüte dich, lasse sein Angesicht leuchten über dir, und der Herr sei dir gnädig! Er erhebe sein Angesicht über dich und erfülle dein Herz mit seinem Licht, tiefer Friede begleite dich.
1. Ob du ausgehst oder heimkommst, ob du wach bist oder schläfst, sei gesegnet und gestärkt durch seinen Geist. Ob du in das Tal hinabgehst oder Berge vor dir stehn, mögest du den nächsten Schritt in seinem Segen gehen!
R: Der Herr segne dich, …

WOCHENSPRUCH: Ps 111, 4
Er hat ein Gedächtnis gestiftet seiner Wunder, der gnädige und barmherzige Herr.

SEGEN
Gehet hin im Frieden des Herrn:
Der Herr segne euch und behüte euch!
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig!
Der Herr erhebe sein Angesicht über euch und gebe euch Frieden!
Amen.

MUSIK ZUM AUSGANG

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Karfreitag

Den Gottesdienst hält Pfarrer Rolf Weiß auf dem Neuen Friedhof.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde!

Wir denken heute am Karfreitag an Jesus von Nazaret und an seinen gewaltsamen Tod.

Ein ohnmächtiger Gott – verletzt und gebrochen.

Unser Gottesbild wirkt wie zerschlagen. Dabei ist es für viele Menschen in Lateinamerika oder Asien gerade diese Vorstellung von Gott, die sie anzieht. Der verletzte und gebrochene Gott, der Leidende. Mit einem Gott der Mächtigen wollen sie eher nichts zu tun haben.

In der Heiligen Schrift findet sich schon im älteren Teil eine Deutung, die mit einem solchen irrsinnigen Widerspruch fertig zu werden versucht. Sie beschreibt in vier Liedern -einmalig in der Hebräischen Bibel –

die Gestalt des leidenden Gottesknechtes, – des Gerechten -, die Gestalt, die aufrecht vor Gott geht und lebt.
Und die dennoch geschlagen, gemartert und verachtet ist.

[Lesung: Jes. 52, 13 -53,12] Das stellvertretende Leiden und die Herrlichkeit des Knechtes Gottes

13 Siehe, meinem Knecht wird’s gelingen, er wird erhöht und sehr hoch erhaben sein. 14 Wie sich viele über ihn entsetzten – so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch und seine Gestalt nicht wie die der Menschenkinder -, 15 so wird er viele Völker in Staunen versetzen, dass auch Könige ihren Mund vor ihm zuhalten. Denn was ihnen nie erzählt wurde, das werden sie nun sehen, und was sie nie gehört haben, nun erfahren.
53 1 Aber wer glaubt dem, was uns verkündet wurde, und an wem ist der Arm des HERRN offenbart? Er schoss auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet.
4 Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt. 6 Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der HERR warf unser aller Sünde auf ihn. Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf.
8 Er ist aus Angst und Gericht hinweg genommen. Wen aber kümmert sein Geschick? Denn er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat seines Volks geplagt war. 9 Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist. Aber der HERR wollte ihn also zerschlagen mit Krankheit. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben und lange leben, und des HERRN Plan wird durch ihn gelingen. Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben.
Durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden. Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben und er soll die Starken zum Raube haben dafür, dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten.

Alles Leid dieser Welt spiegelt sich im Grunde in dieser Gestalt, die Gott aufrecht dient und dann alles Leid der Welt auf sich nimmt.

Aber weder der Gottesknecht, noch Jesus haben das Leiden aus dieser Welt heraus genommen. Unzählige Kranke könnten Romane darüber schreiben. Oder Menschen, die einen Angehörigen verloren haben; es reicht ja schon, wenn einer ganz ‚normal’ stirbt. Aber auch Kinder, die auf dem Schulhof von ihren Mitschülern verdroschen werden; solche, die die hohen Erwartungen der Eltern in sie nicht erfüllen. Und, und, und …

Das macht uns zu schaffen.

Muss die Heilsgeschichte Gottes für die Menschen wirklich durch diesen Abgrund gehen, dass der Mensch gewordene Gott die Gottverlassenheit erlebt – und stirbt? Einen grausamen Tod stirbt er, dort am Kreuz, – der Menschengewalt und Menschenverachtung, dem Spott der Gaffenden und Machtausübenden preisgegeben.

GOTT BEGIBT SICH MIT DIESEM TOD IN DIE GOTTVERLASSENHEIT.

Die Zumutung dieses Gedankens – das ist Karfreitag.

Der Gerechte, der ohne Schuld war, die Gestalt, die Gott aufrecht dient, ruft „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Darin spiegelt sich und darin bündelt sich alles unschuldige Leiden und Sterben dieser Welt.

Die biblischen Beterinnen und Beter, die sich an den geschlagenen und gemarterten Gottesknecht erinnern, finden in dieser Gestalt Trost und Halt:

Wir sind in unserem Leiden nicht allein.

Darin besteht Gottes Liebe, sein „Ja!“ zum Leben:
>Dass er sich in diese Niederungen des Lebens hinab begeben hat und mit leidet,
dass er immer wieder die Menschen sucht und aufsucht, auch wenn diese sich von ihm abgewendet haben
(was wir ‚Sünde’ nennen),
dass er uns freispricht für ein Leben in Freiheit und Frieden,
und dass er uns nicht allein lässt, auch wenn Leiden und Schmerzen uns plagen und schier verzweifeln lassen.

Amen.
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Ostersonntag

Den Gottesdienst hält Pfarrer Rolf Weiß auf dem Neuen Friedhof und in Dürrenbüchig.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Der Herr ist auferstanden!
Er ist wahrhaftig auferstanden.

Liebe Gemeinde,
diese Osterbotschaft ist so unglaublich, dass die einfache Aussage nicht ausreicht. Sie muss noch einmal bestätigt werden. Ja, wahrhaftig: Es ist so, er ist auferstanden. Und gleichzeitig heißt das aber auch: Es ist nicht nur ein Hirngespinst von einigen seiner AnhängerInnen. Oder gar eine Notlüge mit einem womöglich gestohlenen oder versteckten Leichnam. Nein, er ist wahrhaftig auferstanden. Mit Leib und Seele. Man kann ihn anfassen.

Es geht nicht darum, dass der alte Körper wieder so hergestellt worden wäre, als sei nichts geschehen. Es geht bei der Osterbotschaft nicht einfach um die Rückkehr eines Verstorbenen in ein Leben unter den Bedingungen der alten Welt.
Und Mt will auch keine wundersame Wiederbelebung eines Scheintoten oder dergleichen behaupten. Sondern mit Jesu Auferstehung ist etwas total Anderes gemeint: Sie markiert den Beginn einer neuen Welt. Die totale Zeiten – Wende hat mit ihm begonnen, das ganz Andere ist Wirklichkeit geworden.
Wir können Ostern leichter mit Symbolen begreifen. Das Osterei ist so etwas. Aus dem Ei entsteht neues Leben. Die Hülle wird aufgesprengt und das Küken zeigt seine Lebendigkeit. Das erwachende Leben in der Natur macht es uns dieses Jahr leicht. Knospen sind innerhalb weniger Tage aufgegangen; Keime sprießen aus der Erde; es grünt und blüht überall. Unsere Augen können sich laben, wohin sie auch blicken. Osterglocken stehen rechtzeitig und zeitgerecht in voller Blüte.

Die Natur verändert ihren Geruch. Für Allergiker ist das nicht nur angenehm, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Aber der erste ‘Heuschnupfen’ im Jahr ist immerhin mit dem Wissen verbunden, dass jetzt die warme Jahreszeit ihren Einzug hält. Das Fest der Auferstehung ist nicht zufällig – sondern absichtlich- nach dem ersten Frühlingsvollmond angesiedelt. Neues Leben entwickelt sich allerorten.

Mt geht in der Art und Weise, wie er die Begleitumstände von Jesu Auferstehung schildert, ziemlich weit. Er umschreibt und schmückt mehr aus, als es z.B. das ältere Mk tut. Blitz und Donner tauchen auf, ein Erdbeben ereignet sich. Diese Sprache ist seinen Zeitgenossen in ihrer tieferen Bedeutung geläufiger als uns. Sie gehört in die Welt der Apokalyptik. Sie sind Symbole für die Vorstellungen von der nahe geglaubten Endzeit.

In apokalyptischer Symbolsprache wird ein Stopp – Schild aufgestellt, jenseits dessen das ganz Andere beginnt. “Gebt Acht, ab sofort beginnt etwas ganz Neues!”

Es ist nicht zu übersehen, dass Erdbeben und Blitz Erscheinungen sind, die das Ungeheuerliche erkennen lassen, ja, das Erschreckende. Wir haben gelernt, Blitze dahin abzuleiten, wo sie uns nicht gefährlich werden; die Alten fürchteten ihre Kraft der Vernichtung.
Und eben in dieser Lage ist es gut, dass das erste Wort des Boten lautet: Fürchtet euch nicht!

Das Verborgene zeigt sich im Sichtbaren. Auf dem Stein des Grabes, dem sichtbaren Zeichen des Todes, wird in der Gestalt des Engels die Herrlichkeit Gottes wahrnehmbar. Das Leben hat den Tod besiegt.

Denn: Christi Auferstehung ist der Sieg des Lebens.

Die Frauen treffen auf einen Engel Gottes. Was er ihnen zu sagen hat, ist die Nachricht vom auferstandenen Christus. Die erste Ostererfahrung, die je gemacht wurde, und die hier von den Frauen verkörpert wird, besteht also zunächst im Hören dieses Wortes. Und das beginnt mit der schon genannten Ermutigung: Fürchtet euch nicht!

Die Frauen haben den gekreuzigten Jesus gesucht. Und der Engel muss zweimal bekräftigen: Er ist nicht hier; er ist auferstanden. Und später wird noch einmal verdeutlicht: Auferstanden von den Toten. Das sollen sie weitererzählen. Und sie sollen sich selbst mit ihren Augen davon überzeugen. Offensichtlich gab es auch früher schon Leute, die behaupteten: “Ich glaube nur, was ich sehe”. Hier wäre wohl besser: “ …was ich nicht sehe.”
Allerdings sei es ganz deutlich gesagt: Osterglaube hängt nicht daran, ob das Grab tatsächlich leer war oder nicht, und wie es dazu gekommen ist. Gott hätte sicher auch andere, vielleicht spektakulärere Wege finden können, um Jesus von den Toten aufzuerwecken.

Die Feststellung, dass das Grab leer sei, macht ja eben auch noch nicht die Grundlage des Glaubens aus. Ostern will ja nicht sagen: Er ist nicht da. Sondern Ostern heißt: Er ist auferstanden! Und das ist etwa grundlegend anderes.

Dieses Geschehen ist der Beginn einer neuen Zeit. Er ist auferweckt worden von den Toten. Darin liegt die Aussage, dass hier wirklich zum ersten Mal die Umklammerung unserer menschlichen Existenz durch die Macht des Todes aufgesprengt worden ist.

Jesus, der Gekreuzigte, ist der erste, der dies erfahren hat. Die Überwindung des Todes ist die große Wende in der Geschichte zwischen Gott und den Menschen.

Osterglaube bedeutet, dass der auferstandene Jesus Christus uns noch heute und immer wieder in den Weg treten will. Er ist nicht einfach eine Person der Vergangenheit. Er möchte mit uns auch heute auf ganz persönliche Weise Verbindung aufnehmen.

Solche Begegnung ist ein lebendiges Geschehen. Indem wir immer wieder davon erzählen, werden wir in eine Bewegung mit dem Auferstandenen hinein genommen. Es entsteht eine ganz eigene, neue Gemeinschaft mit diesem Jesus Christus. Und diesem gebührt als unserem Herrn die größte Ehrerbietung!

Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Amen.
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Quasimodogeniti

Den Gottesdienst hält Prädikant Traugott Ockert – und er hat uns den gesamten Ablauf zur Verfügung gestellt.
Musik zum Eingang

Begrüßung: Diesen Gottesdienst feiern wir hier im Gemeindesaal und unter den gewohnten Schutzauflagen. Wie Sie das gewohnt sind, dürfen wir auch nicht mit gemeinsamen Liedern unseren Gott loben. Ganz herzlichen Dank daher insbesondere an den (Vorsänger ) Organisten, der für uns die Lieder singen wird.

Wir freuen uns dennoch, gemeinsam Gottesdienst feiern zu können und grüßen uns mit dem Wochenspruch:

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ 1 Pet 1,3

Votum: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes Amen
Eingangslied: EG 100,1-3 Wir wollen alle fröhlich sein

Psalmgebet: EG 762 (Psalm 116)

Gebet zum Eingang:
Allmächtiger Gott. Lieber himmlischer Vater. Im Namen deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus kommen wir jetzt vor dein Angesicht. Wir freuen uns, dass Du uns eingeladen hast und wir mit dir und untereinander Gemeinschaft haben dürfen. Sei durch deinen heiligen Geist in unserer Mitte. Nimm gnädig an unser Singen und Beten. Reinige uns durch und durch und lass uns im Stimmengewirr, das uns umgibt, deine Stimme hören gefallen. Im Blick auf deine große Barmherzigkeit und Gnade beten wir. Amen

Glaubensbekenntnis:
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

Lied EG 107,1-3 Wir danken dir, Herr Jesu Christ Orgel

Textlesung und Predigt: Joh. 21, 1-14
Einleitung
Petrus war sicher ein waschechter Jude. Kein Zweifel. Beim heutigen Text habe ich aber das Gefühl, er war auch Deutscher. Schaffig, kein Leerlauf, Probleme mit dem Warten – so wie wir.
Gleich nach Ostern wurden die Jünger angewiesen: „gehet hin nach Galiläa – Wartet!“ Doch Petrus sagt: ich will fischen gehen.
Es war kein klarer Auftrag. Was konkret sie tun sollen, wurde nicht gesagt. Daher ist es doch sehr gut, dass Petrus nicht untätig herumsitzen wollte. Was er kann, will er tun. Ein Praktiker durch und durch. Und ein richtiger Aktivist. Oder sagen wir – ein Anführer. Er übernimmt Verantwortung. In Kraichtal wurde vor einigen Wochen ein neuer Bürgermeister gewählt. Hoffentlich ist das so ein Typ wie Petrus. Aber Petrus und die anderen Jünger müssen trotz 3 Jahren Ausbildung immer noch einige Lektionen lernen.

Erste Lektion: “Ohne Jesus läuft nichts!”
Das war schmerzhaft. Eigentlich hatte er es ja geschafft. Er war Chef eines kleinen Fischereibetriebs. Hatte Familie (zumindest eine Frau) und die Zukunft war geregelt. Dann kam die Lebenswende. Jesus trat in sein Leben und veränderte alles. Er hat viel erlebt mit Jesus, in den letzten Monaten.

Vielleicht bei der Taufe Jesu die Stimme Gottes gehört
Heilungswunder erlebt bis hin zu Totenerweckungen
Auf dem Wasser gelaufen
„Petrus, du bist der Fels. Auf dich werde ich meine Gemeinde bauen.“

Wieder hatte er es geschafft. Er war Sprecher der zwölf Jünger mit Billigung bzw. Beauftragung von Jesus selbst. Mehr geht nicht. Und dann dies:

Großspuriges Bekenntnis – und dann gescheitert vor einem Mädchen
Tief getroffen verlässt er seinen geliebten Herrn
Übermannt von der Angst verkriecht er sich in einen Winkel
Das leere Grab gesehen, aber die Osterbotschaft nicht kapiert

Jetzt steckt er in der Sackgasse – ohne Hoffnung. Was jetzt?

„Ich will fischen gehen.“ – das hatte er gelernt. Das kann er. Auch wenn er jetzt nicht gerade vor Selbstvertrauen strotzt ist es doch genug, dass sich die Kollegen ihm anschießen. Wir gehen mit. Was jetzt passiert, ist für Petrus ein deja vu. siehe Lukas 5
Eine ganze Nacht malocht, aber außer zerrissenen Netzen nichts. Nur bittere Enttäuschung. Und die Erkenntnis, dass selbst das, was vor der Begegnung mit Jesus ganz natürlich klappte, nicht mehr funktioniert.
Ohne mich, könnt ihr nichts tun! (Joh 15) – hatte ihnen Jesus dies nicht deutlich ins Stammbuch geschrieben? Gehört haben sie das alle und auch geglaubt. Aber diese Lektion zu lernen ist eine Lebensaufgabe. Auch für uns. Es ist und bleibt bis heute eine sehr schmerzhafte Erfahrung.
Vergeblich gearbeitet in der Kindererziehung
Am Arbeitsplatz
In der Gemeinearbeit z.B. bei den Konfirmanden, Senioren, Kindern

Ohne mich – Jesus – läuft es nicht. Je schneller wir das lernen, desto besser.

Zweite Lektion: Jesus ist mit seiner Hilfe längst da
Schlimm, ernüchternd, zum Hinschmeißen ist das. Einerseits. Aber andererseits ist es Grundlage dafür, das Evangelium dieses Textes zu begreifen. Und ebenso Voraussetzung, die Osterfreude, die unser Leben ganz neu werden lässt, zu erfahren. Seit Ostern gilt: Jesus ist mit seiner Hilfe längst da – immer und überall. Ohne Ausnahme.

Petrus wollte immer der Erste sein, wenn es darum ging, für Jesus etwas zu tun. Können sie sich sein Gesicht vorstellen, als er gefragt wurde: „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ Nicht einmal einen kleinen Fisch hat er für Jesus. Diese kleine banale Frage, sie muss ihn im Innersten erschüttert haben. Das war der Offenbarungseid für ihn, den er jetzt aussprechen musste. Gleichzeitig – was für ein Trost! Ein Paradebeispiel für die Seelsorge Jesu.

Petrus und die hoffnungslosen Jünger sehen leere Netze und verpasste Gelegenheiten.
Wirklichkeit aber ist:
Jesus steht längst am Ufer und wartet auf sie
Er spricht sie an und redet freundlich mit ihnen
Er hat das Mahl schon zubereitet
Er lädt sie ein und füllt all ihren Mangel aus
Wohl uns, wenn wir endlich aufhören, uns über unsere Leistungen zu definieren. Stehen wir doch dazu und singen mit Luther: „mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren“ – das dürfen wir getrost. Jesus kennt uns doch besser als wir uns selbst. Er steht schon längst auch vor uns in unserer Ausweglosigkeit und unserer Hoffnungslosigkeit. Und das ist wohl der ultimative Trost für uns alle. Auch am Ende unseres Lebens ist er da. Er wartet auf uns und schenkt uns Gemeinschaft (Tischgemeinschaft = engste Gemeinschaft) in alle Ewigkeit. Das ist die frohe Botschaft von Ostern!

Dritte Lektion: Zur Mitarbeit gewürdigt

Jetzt könnte ich getrost aufhören. Was könnte es noch Größeres geben. Wir sind für Zeit und Ewigkeit in guten Händen, wenn wir bei diesem Herrn bleiben. Wir wissen und erkennen es an, dass wir ohne IHN nichts Bleibendes schaffen und wir freuen uns darüber, dass er immer und überall für uns da ist und hilft. Was immer es auch sein mag. Aber sie haben doch sicher noch eine unbeantwortete Frage. Die kleine Episode aus dem Predigttext mit dem Fische zählen. Was soll denn das? Reicht es denn nicht, wenn wir erfahren, dass das Netz voll war? Wozu noch die Erklärung, dass es große Fische waren und sogar die genaue Zahl 153? Da haben die Männer die ganze Nacht gearbeitet, waren todmüde und hungrig. Wozu diese Fischzählung?

Darüber haben sich schon die Kirchenväter Gedanken gemacht. Einer von ihnen – der Hl. Hieronymus (347 – 420) – erklärte, dass dies die Zahl der damals bekannten Fischsorten gewesen sei. So ganz überzeugt mich diese Erklärung nicht, auch wenn sie darauf hinweist, dass eine Gesamtheit beschrieben werden soll. Einleuchtender ist für mich die These, dass man z.Z. Jesu 153 Volksgruppen (Völkerstämme) kannte. Stellen sie sich doch die Situation vor. Da sitzen die müden Männer endlich beim Frühstück mit Jesus. Der Tisch ist gedeckt und es mangelt an nichts. Und dann bittet Jesus – vielleicht den Petrus (?) – er möge doch noch von den gerade gefangenen Fischen ein paar holen.

Jesus hat Petrus, die Jünger und uns zu „Menschenfischer“ berufen. Er hat sie und uns „in alle Welt geschickt“. Bis auf den heutigen Tag nehmen sich viele Christen das sehr zu Herzen und folgen diesem Auftrag. Nötig wäre das nicht. Stellen sie sich vor, heute würde an meiner Stelle hier z.B. der Engel Gabriel oder ein anderer Engel predigen. Was wäre da los. Für Jesus wäre das leicht machbar. Kein Engel würde sich widersetzen. Aber Jesus würdigt uns, seine Mitarbeiter zu sein. Und er weiß sehr genau, dass es uns da oft genauso geht, wie den Jüngern an jenem Morgen. Wir sind deprimiert und starren auf die leeren Netze. Aber unser Herr füllt sie. Er ist es, der seine Gemeinde sammelt. Und er gebraucht uns – sie und mich dazu. Und unser Einsatz wird nicht vergeblich sein. Der Auferstandene kennt sie und mich mit unserer kleinen Kraft, mit unserer Ohnmacht der großen Aufgabe gegenüber. Aber er sagt uns unmissverständlich:

Fürchtet euch nicht, ich bin bei euch alle Tage.
ICH fülle eure leeren Netze.
Dein Einsatz für mich wird nicht vergeblich sein. Er wird reich belohnt.
Amen

Wochenlied: EG 108,1-3 Mit Freuden zart Orgel

Fürbittengebet:
Treuer Vater im Himmel. In großer Liebe hast du dich unser erbarmt und sprichst uns durch dein Wort heute genauso an, wie du deine Jünger nach Ostern aus ihrer Hoffnungslosigkeit herausgeholt hast. Du deckst uns unseren Tisch und lässt uns deine Güte und Barmherzigkeit erfahren. Danke, dass du auch heute alle siehst, die niedergeschlagen und traurig, krank und angefochten sind. Wir bitten dich, gib dein Gelingen auf alles was unternommen wird, um Not und Leid zu lindern. Gib den Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft, in Wirtschaft und Politik Weisheit, damit jeder in in unserem Land in Frieden und Sicherheit leben kann. Gib Eintracht und Verständnis zwischen Völkern und Nationen. Erbarme dich um deine Gemeinde weltweit. Schenke und erhalte uns und aller Welt deinen Frieden.
Und alles, was uns sonst noch umtreibt, fassen wir zusammen in die Worte die du uns zu beten gelehrt hast:
Vater Unser:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsre Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Abkündigungen:

Segen: Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig. Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen

Musik zum Ausgang
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Misericordias Domini

Den Gottesdienst hält Pfarrer Wolf-Dieter Weber, der seine Predigt nicht freigegeben hat. Die vorliegende Predigt hat Pfarrer Rolf Weiß zur Verfügung gestellt.

Liebe Gemeinde!

Der Prophet Hesekiel gehörte wohl zu der so genannten Oberschicht der Bevölkerung Judäas, die 597 v. Chr. von den Babyloniern aus ihrer Heimat Judäa deportiert wurden. Einige Jahre später zerstörten die babylonischen Truppen Jerusalem und den Tempel. Was wenigstens noch in der Ferne geblieben war, Heimat und Tempel, war nun dem Erdboden gleichgemacht. Ausgerissen, entwurzelt im babylonischen Exil, versuchten sich die Deportierten ihrer Geschichte zu stellen. Sie fragten, wie diese nationale Katastrophe zu erklären sei. Einige blieben trotz massiver Zweifel in dieser dunklen Zeit offen für Gott und seine Stimme. Einer von ihnen war Hesekiel, der von Gott für sein gedemütigtes Volk Antworten suchte. In einer Zeit, da kein Weg mehr zu sehen war, entstehen in Hesekiels Verkündigung einprägsame Bilder der Klärung, aber auch der Hoffnung auf einen neuen Anfang.

Lesung des Predigttextes: Hesekiel 34, 1-16.31

Nüchterne Abrechnung ist angesagt. Fehler erkennen, benennen und daraus lernen ist Bedingung für jeden Neuanfang. Darum beginnt Hesekiel mit einer harten Anklage.
Das Bild vom Hirten und der Herde wirkt fremd und zugleich vertraut. Aus Kindertagen der 23. Psalm: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Und dazu Motive von einem sanftmütig blickenden Jesus mit dem wieder gefundenen Schaf auf den Schultern.

Hesekiel jedoch gebraucht dieses Motiv nicht aus romantisierender Absicht, sondern gegenüber Menschen, die wussten, was es heißt, Hirte zu sein.
Der Hirte war einerseits Leitbild für praktizierte Verantwortung und Fürsorge: Unter unwirtlichsten Bedingungen, bei Wind und Wetter setzt er sich für die ihm anvertraute Herde ein: Kranke heilen, Verwundete versorgen, Schwächere aufpäppeln, damit sie mithalten können in der Herde, und die Tiere zusammenhalten, damit keines aus diesem wertvollen Besitz verloren geht. Der Hirte galt darum andererseits als schmutziger, rauer Gesell, dem man am besten aus dem Weg ging. Es war ein physisch und psychisch extrem schwerer Beruf. Denn der Eigentümer saß währenddessen zu Hause, hatte jedenfalls Angenehmeres zu tun. Ihm musste der Hirte aber Rechenschaft ablegen, wenn er zurückkam – jedes Mal. Und wehe, der Hirte arbeitete nicht sorgfältig, und wehe, es fehlte ein Schaf.

Das Handeln Gottes bzw. der Götter mit einem Hirten zu vergleichen, war im Orient verbreitet. Die Israeliten, zumal die Deportierten in Babylon, erkannten sich wieder im Bild der auf Schutz und Hilfe angewiesenen Herde. Man erfuhr Leben nicht so, als hätte man es selbst in der Hand. Überleben war nicht selbstverständlich, sondern zutiefst bedroht und darum abhängig von einem, der – wie ein Hirte – Orientierung geben, helfen konnte.

Vermag dieses Bild von einem Hirten und seiner Herde heutige Lebenswirklichkeit und -erfahrung noch zu beschreiben? Drückt heutige Befindlichkeit nicht viel eher aus: Ich bin ich. Ich brauche keinen Hirten. ,,Jeder ist seines Glückes Schmied.” Ich bin für mich selbst verantwortlich, aus meinem Leben etwas zu machen, Orientierung zu gewinnen, einen Ausbil­dungsplatz zu bekommen, einen Arbeitsplatz, den nötigen Unterhalt. Keiner geht mir voran, um mir den Weg frei zu machen. Und wer ihn nicht selbst findet, diesen Weg, der bleibt zurück, wird an den Rand gespült, geht verloren.

Dass das Schwächere gestärkt, das Kranke geheilt, das Verlorene gesucht würde, dazu gibt es weniger denn je Motivation. Vielmehr heißt es, die Ellbogen auszufahren und ,,abzusahnen”, mitzunehmen, was man kriegen kann, aus Sorge, am Ende mit leeren Händen dazustehen. Denn was ich nicht kriege, nimmt sich der Nächste.
Sozialkritik, Kritik am gesellschaftlichen Miteinander war damals auch bei Hesekiel angesagt. Selbstsüchtige, verantwortungslose Politiker und Priester werden hart angegangen: Ihr esst das Fett und kleidet euch mit der Wolle und schlachtet das Gemästete, aber die Schafe wollt ihr nicht weiden. Ihr sahnt ab, nutzt die euch Anvertrauten ohne Rücksicht auf Verluste aus. Ihr kümmert euch nur um euch selbst. Ihr weidet euch selbst, aber nicht die Herde.

Die Babylonier waren keine Naturkatastrophe. Menschen, egoistische, gedankenlose Politik sind schuld, dass es so gekommen ist, dass Israel endgültig überrannt wurde und jetzt am Boden liegt. Verantwortungslosigkeit wird unmissverständlich beim Namen genannt. Der Eigentümer der Herde, Gott selbst, fordert Rechenschaft – und zwar nachdrücklich. Die egoistischen Hirten werden angeklagt, überführt und gnadenlos gefeuert: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, dass sie Hirten sind. – Ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen.
Gott sei Dank! Man möchte aufatmen. Der tut was, dieser Gott. Der redet nicht nur, sondern macht sich selbst auf den Weg, kommt, um Abhilfe zu schaffen. So sehr liegen ihm die Seinen am Herzen.

Entspricht das nicht oft genau unseren Wünschen? Der Eigentümer kommt selbst und klagt all die an, die ihre Verantwortung missbrauchen – nicht nur gegenüber Schafen, sondern gegenüber Menschen! Politiker, Arbeitgeber, Lehrer, die ihnen anvertraute Menschen so selbstherrlich behandeln, als wären sie ihr Eigentum. Gott kommt und setzt menschenverachtende Regime, verantwortungslose Politiker, gewinnsüchtige Arbeitgeber ab. Er rettet aus Beziehungen, in denen einer den anderen für seine Interessen ausnutzt und missbraucht. Ich will meine Schafe erretten aus ihrem Rachen, dass sie sie nicht mehr fressen sollen. Der Gott Israels, der Vater Jesu Christi, der sich mit Hesekiels Stimme zu Wort meldet, bleibt nicht oben im Himmel auf seinem Thron und hält alle Fäden in der Hand. Der Gott, von dem die ganze Bibel durch die Jahrtausende hindurch erzählt, ist ein Gott, der sich aus liebevoller Sorge selbst auf den Weg macht, wenn kein Weg mehr zu sehen ist, der kommt, um zu suchen, zurückzubringen, zu verbinden, zu stärken, zu behüten wie es recht ist. Kein Gott jenseits der Wirklichkeit, sondern ein Gott mitten in der Wirklichkeit. Ein Gott, der die Wunden kennt und den Finger in die Wunde legt. Ein Gott, der nicht nur leere Worte macht, sondern seine Worte mit Leben füllt. Ein Gott, der die Seinen kennt und weiß, was sie nötig haben. Der Herr ist mein Hirte.

Ein „Heile-Welt-Gott“?, wenden skeptische Stimmen ein. Ein deus ex machina, ein Gott auf Knopfdruck sozusagen, der einspringt, wenn Menschen an ihre Grenzen kommen? Verzweifelt, vergeblich haben gedemütigte, missbrauchte Menschen durch die Jahrtausende auf solch machtvolles Eingreifen Gottes gehofft, gebetet, gewartet – und resigniert ihr Vertrauen weggeworfen.

Damit wäre die Rede Hesekiels verkannt. Das Hirt-Herde-Motiv ist kein Heile-Welt-Bild, sondern ein Bild für verantwortungsvolles Miteinander. Verantwortung wird eingefordert, nicht als unerfüllbare Forderung, sondern als Verheißung mit leuchtendem Beispiel: So kann es gelingen! Gott kommt selbst und lebt es vor. Gott hat auch damals nicht als Supermann in die Geschichte eingegriffen und die Exilanten eigenhändig aus der Verbannung geholt. Veränderte politische Konstellationen, Einsicht, verändertes Handeln, neue Politik haben den Deportierten nach Jahren die Rückkehr ermöglicht. Der biblische Gott war und ist kein Feldherr-, kein Generalsgott. Er ist ein Hirte-Gott, ein Gott, der die schmutzigen, harten, rauen Wege mit den Seinen geht: Er lässt uns Menschen selbst gehen – aber er lässt uns dabei nicht allein. Das Vertrauen in den, der hinter mir und zu mir steht, der mich sieht und erkennt und mich nicht aus den Augen lässt, ermöglicht, mein Wirken und Verfehlen zu hinterfragen – Verantwortung zu übernehmen.

Als Einladung, der Spur des guten Hirten nachzugehen, so möchte ich Hesekiels Gottes-Rede, Gottes Hesekiel-Rede verstehen.
Als Einladung, in der Welt- wie in der Innenpolitik, in Betrieben, Schulen und Lebensgemeinschaften tätig wachsam zu bleiben und immer wieder zu werden für die, die gedemütigt, missbraucht, verwundet nach Beistand suchen. Empfindsam zu bleiben und immer wieder zu werden für die, die missachtet, verloren, ohne Lobby sind, deren Stimmen nicht (mehr) gehört werden. Einzugreifen, zu widerstehen überall dort, wo rücksichtsloses, eigensüchtiges Denken und Handeln seine Opfer frisst. Und in all dieser Mühsal aufzuatmen:

Gott sei Dank – ich bin nicht ausgeliefert den Demütigungen, dem Egoismus, der Willkür. Verwundet, verirrt bin ich – doch nicht allein. Ich weiß, Gott kennt und sieht mich. Das macht mir Mut und es macht mich stark, aufzustehen, zu widerstehen, von neuem zu suchen nach meinen Weg.

Gott sei Dank – mein begrenztes Wirken als Vorgesetzter, als Lehrerin, als Mutter und Vater, als Politiker, als Partner und als Partnerin hat nicht das letzte Wort. Das lässt Gott nicht zu. Gott kennt und sieht meine Stärken und meine Schwächen und lässt mich damit nicht allein. Das entlastet, ermutigt mich, mich immer wieder selbst zu prüfen, zu hinterfragen, zu verändern, um rücksichtsvoll und verantwortungsvoll da zu sein und zu leben. Amen.

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Jubilate

Den Gottesdienst hält Prädikant Christian Buhr – und er hat uns den gesamten Ablauf zur Verfügung gestellt.

MUSIK ZUM EINGANG
Lied: „Morgenlicht leuchtet“ (EG 455, 1 – 3)

VOTUM UND BEGRÜSSUNG
Wir feiern Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

PSALM (MODERNE ÜBERTRAGUNG VON PSALM 66)
Lobt Gott, den Herrn!
Das ist ein unverwechselbarer Ruf
inmitten der vielstimmigen Aufforderungen unserer Zeit.
Lobt niemanden so sehr wie den,
der das Universum schuf und die Erde darin,
der die Erde immer noch erhält
gegen alle menschliche Vernunft und Unvernunft,
von der es genug gibt.
Lobt Gott, den Herrn!
Gebt allein ihm die Ehre.
Gleich reißenden Fluten
mit gewaltigen Wellenbergen
bauen sich unübersehbar Kriege
vor den Völkern der Welt auf.
Du aber lässt dein Volk,
das dich ehrt und rühmt,
trockenen Fußes hindurch schreiten.
Die auf dich vertrauen
wie auf niemanden sonst,
lässt du auf festem Land
durch diese Wassermassen gehen.
Nun kommt und hört gut zu,
die ihr Gott achtet,
ich will erzählen,
was ich mit Gott erfuhr,
was er für mich tat.
Ich rief ihn an, ich klagte, ich lobte.
Ich bat nichts Unvernünftiges,
Gott hätte es überhört.
Er zeigte mir den Weg für mich
durch seine Wegzeichen, die Gebote.
Gott hört auf unsere Gebete.
Er hört die Gebete der Gemeinde.
Gott sei Dank.
Lobt Gott, den Herrn!

TEXT ZU DEN 10 GEBOTEN
 (Vortrag eines Konfirmanden)

GEBET
Du Gott des Lebens, Schöpfer aller Dinge,
in jedem Frühjahr freuen wir uns an Blüten und Farben,
an Helligkeit, Wärme und Duft.
Wir preisen dich.
Öffne uns die Augen für deine Gaben.
Du schenkst uns das Leben,
viel Gutes erfahren wir von dir.
Stärke unsere Zuversicht und unser Vertrauen.
Gott, unser Vater im Himmel,
Leid und Schuld sind in Christus überwunden,
ja, selbst der Tod ist besiegt.
Gib uns deinen Geist.
Mach uns bereit für dich.
Herr, erbarme dich.
Amen.

GLAUBENSBEKENNTNIS

SCHRIFTLESUNG: APOSTELGESCHICHTE 17, 22 – 34
Halleluja.
Der Herr ist auferstanden,
er ist wahrhaftig auferstanden.
Halleluja.

em>  Lied: „Christ ist erstanden“ (EG 99)

PREDIGT
I have a dream – ich habe einen Traum!
Ach nein, falscher Anfang. Heute geht es ja gar nicht darum, dass wir nur träumen können, weil wir immer noch nicht frei sind, wie Martin Luther King es vor fast 60 Jahren ausdrückte.
Liebe Gemeinde hier in Diedelsheim,
ich stelle mit Freude fest, dass Sie sehr fromme Leute sind, denn Sie sind heute morgen zum Gottesdienst gekommen.
Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, sind Sie häufiger hier versammelt. Sie müssen erkannt haben, dass Gott ihnen wichtig ist. Wie sonst wäre es zu erklären, dass Sie am Sonntagmorgen hierher kommen?
Gott, der das Universum und die Erde erschaffen hat. Der das Leben und uns erschaffen hat. Wer mit offenen Augen durch die Welt geht und es will, kann das Wirken Gottes darin entdecken. Gerade jetzt im Frühjahr ist dafür eine gute Zeit. Nach der Winterruhe kehrt Leben in die Natur zurück. Blüten und neue Blätter, Gräser und Blumen wachsen, auf den Wiesen wird es bunt. Frischer, frühlingshafter Duft erfüllt die Luft.
In Athen gibt es damals eine Vielzahl an Götter-Verehrungsstätten, Artemis war auch für die Natur zuständig, Chloris für die blühende Natur, Demeter für Fruchtbarkeit, Erde und Ackerbau. Und es gibt sogar eine Stätte für den unbekannten Gott. Alle Anbetungsstätten, aber diese im Besonderen, sind eine Art Versicherung für die Menschen. Damit nicht aus versehen ein Gott vergessen wird und dann vielleicht zornig ist und Menschen leiden müssen.
Wie viele Versicherungen haben Sie eigentlich so? In Deutschland hat jeder Bürger durchschnittlich 5 Versicherungen und gibt dafür im Jahr rund 2.500 € aus. Die Top 7 sind private Haftpflicht-, Kfz-, Hausrat-, Rechtsschutz-, private Unfall-, Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherung. Andere Versicherungen wie Handyversicherung, Glasbruchversicherung, Reisegepäckversicherung beruhigen vielleicht das Gewissen, nutzen im Schadensfall aber weniger als gedacht. Und auch exotische Policen können abgeschlossen werden, wie eine Versicherung gegen jedes Steckenbleiben im Fahrstuhl, Versicherung gegen Funklöcher oder die Versicherung gegen Ohnmachtsanfall im Kreissaal.
Ich bin für eine Grundabsicherung, da ein Schaden schnell eintreten kann und eine Versicherung wenigstens der finanzielle Ausgleich regelt. Aber manchmal entsteht der Eindruck, Versicherungen überdecken die eigene Unsicherheit und sollen möglichst alle Eventualitäten absichern. So ähnlich wie die Athener mit ihren Göttern und dem unbekannten oder vergessenen Gott.
Paulus sagt nun, dass genau dieser unbekannte Gott der einzig wahre Gott ist. Jahwe, der nicht auf den Dienst von Menschen angewiesen ist, sondern der uns dient. Der die Erde und das Leben geschaffen hat, der im Frühjahr die Natur zum Blühen bringt und für das Wachsen und Gedeihen sorgt. Selbst uns Menschen hat er geschaffen. Jeder Herzschlag, jeder Atemzug den wir machen, ist durch seine lebensspendende Kraft möglich.
Paulus zeichnet ein Bild von Gott, der für uns im Leben hier und im Leben nach dem Tod die Versicherung ist. Paulus fordert auf, diesen Gott zu suchen und sich über den eigenen Traum im Leben und im Sterben klar zu werden.
Als Richtschnur für das Leben hat Gott uns die Gebote gegeben, wie wir es vorhin im Text gehört haben. Haben Sie schon versucht, die Gebote vollständig einzuhalten? Meine Erfahrung sagt mir, dass Neid, Mißgunst, Lüge und Diebstahl in viele Formen auftreten und allgegenwärtig sind. Paulus stellt klar, dass es ein Gericht für die Welt geben wird. Vor dem Beginn von Gottes Herrlichkeit und dem ewigen Leben gibt es einen Tag, an dem jeder Mensch vor dem Gericht Gottes steht. Jesus, der Auferstandene, ist der Richter. Und gleichzeitig ist Jesus, der Auferstandene, unsere Versicherung. Wenn wir an ihn glauben, dann ist er für uns der Retter, und wir werden vor diesem Gericht Gottes freigesprochen.
Dass der Mensch Jesus gestorben und durch Gottes Macht auferstanden ist – das spaltet die Zuhörer in Athen. Einige lehnen eine solche leibliche Auferstehung rundheraus ab. Einige wollen später weiterreden. Andere schließen sich Paulus an – und finden in Jesus Christus den Retter.
Martin Luther King sprach davon, dass sein Traum damit endet, dass alle gemeinsam sagen können: „Free at last!“ – Endlich frei, endlich befreit. Für mich ist das in Jesus, dem Auferstandenen, wahr geworden. Ich bin gewiss, dass Jesus Richter und Retter für mich ist.
Und was ist ihr Traum, was ist ihre Versicherung?
Amen.

FÜRBITTENGEBET
Ewiger Gott,
du bist in jedem Atemzug bei uns,
du liebst und wir leben,
du bist die Quelle.
Dir vertrauen wir uns an.

Du machst neu,
wo Altes enden muss.
Wir bitten dich für alle,
die aufbrechen und nach einem neuen Miteinander suchen.
Wir bitten dich für alle,
die in ihrem Alltag dem Frieden dienen.
Wir bitten dich für alle,
die für andere einstehen und sie beschützen.
Du bist das Leben –
erbarme dich.

Ewiger Gott,
du gibst Leben,
wo der Tod regieren will.
Wir bitten dich für alle,
die trauern und ohne Hoffnung sind.
Wir bitten dich für alle,
die mit dem Tod ringen und voller Schmerzen sind.
Wir bitten dich für alle, die verzweifelt sind
und deren Klagen verstummen.
Du bist das Leben –
Erbarme dich.

Ewiger Gott,
du begeisterst und weist uns ins Weite.
Wir bitten dich für alle,
die nach dir Ausschau halten,
die sich an dir festhalten und
die auf dein Wort hören.
Wir bitten dich für deine Gemeinde –
für alle, die in dir bleiben wollen
und auch für die, die in Zweifel und Angst leben.
Wir bitten dich für unsere Konfirmanden,
die ihren letzten Unterricht hatten
und jetzt ihren eigenen Weg finden müssen.
Wir bitten dich für unsere Kinder
und für alle, die zu uns gehören.
Du bist das Leben –
du bist in jedem Atemzug bei uns,
du liebst und wir leben,
du bist die Quelle.
Dir vertrauen wir uns an
durch Jesus Christus,
auferstanden von den Toten,
damit wir bei dir leben.

VATERUNSER

em>  Lied: „Sonne der Gerechtigkeit“ (EG 262, 1 – 2 + 6 – 7)

SEGEN
Das Wort für die neue Woche steht im 2. Brief an die Korinther, Kapitel 5, Vers 17:
Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur;
das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.

Gehet hin im Frieden des Herrn:
Der Herr segne euch und behüte euch. / Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. / Der Herr hebe sein Angesicht über euch und gebe euch Frieden.
Amen.

MUSIK ZUM AUSGANG
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