Archiv Mai 2021


gesammelte Beiträge aus Corona-Zeiten 2021:


Cantate
Rogate
Christi Himmelfahrt
Exaudi
Pfingstsonntag
Pfingstmontag
Trinitatis


Cantate


Den Gottesdienst hält Pfarrer Wolf-Dieter Weber. Die Predigt wurde nicht zur Veröffentlichung freigegeben.
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Rogate

Den Gottesdienst hält Pfarrer Rolf Weiß. Der Gottesdienst findet bei der Festhalle statt.

Liebe Festgemeinde, und ganz speziell: liebe Konfirmandinnen [und Konfirmanden]!

Heute, mit der Konfirmation, geht für einen Teil von Euch die Konfirmandenzeit zu Ende. Es war eine besondere Zeit – in vielerlei Hinsicht. Das muss ich jetzt gar nicht weiter ausführen. Entscheidend ist: Ihr werdet heute gesegnet, jede Einzelne von euch. Der Segen ist bei der Konfirmation so wichtig, dass man manchmal von der Konfirmation auch als der »Einsegnung« spricht. Segen – was ist das eigentlich? Was geschieht da?

Wir können beschreiben, was man beim Segen äußerlich wahrnehmen kann. Eine Person legt einer anderen die Hände auf und spricht dazu Worte. Besondere Worte sind es, Segensworte eben. Aber die äußerliche Beschreibung dringt noch nicht tiefer ein in das Wesen des Segens. Denn, so möchte ich es einmal sagen: Die eigentliche Wirkung des Segens ist ein innerer, mentaler Prozess. Sie hat etwas zu tun mit Erfahrung, Gefühl, Berührung – im übertragenen Sinne –, aber auch mit Erwartung und Sehnsucht. Segen kann tief gehen – oder mich völlig kaltlassen. Je nachdem.

Segen, liebe Gemeinde und liebe Konfirmandinnen, ist mehr als ein paar gesprochene Worte in Verbindung mit einer Geste. Da steht im Grunde eine ganze Welt dahinter. Diese Welt des Glaubens ist anders als unsere Alltagswelt, in der es immer mehr um Leistung geht.
Eure Eltern und Großeltern mögen in Euch ein großes Geschenk sehen, jemanden, für den sie Gott danken, für ein einzigartiges, wunderbares Wesen. Eine ganz besondere Art, die Welt anzuschauen.

Ihr, liebe KonfirmandInnen, habt diese Welt des Glaubens wenigstens ein wenig erkunden können. Ihr seid durch sie hindurch gewandert, an den ersten Unterrichtssamstagen, später am Bildschirm oder bei den Andachten und Gottesdiensten, habt in ihr Entdeckungen gemacht. Ihr habt davon an verschiedenen Stellen ein wenig berichtet, in der Gemeindezeitung, im Gottesdienst.

Und vieles von dem, was ihr in dieser Welt des Glaubens entdeckt habt, passt zu dem, was mit dem Segen heute bekräftigt werden soll. Gott ist immer für einen da. Man ist nie allein. Das gibt einem das Gefühl, geborgen zu sein. Gerade in Zeiten, in denen man in ein tiefes schwarzes Loch fällt. Manche von Euch haben in dieser Welt für sich entdeckt, wie einzigartig jeder Mensch ist.
Und so könnt Ihr mit der Konfirmation überzeugt „Ja!“ sagen zu eurer Taufe und diese als Euren eigenen Willen bekräftigen.

Ich glaube, das sind große Schätze, die ihr da gefunden habt. Schätze, die euch einen Halt geben können, wenn die Stürme des Lebens über euch einbrechen und ihr das Gefühl habt, niemand mag euch und ihr macht alles falsch. Diese Zeiten, wo ihr Gefühle dieser Art habt, werden kommen, damit müsst ihr rechnen. Da ist es gut, wenn man nicht den Boden unter den Füßen verliert. Wenn man etwas in seinem Rucksack hat, was einem hilft zu bestehen.

Die Welt des Glaubens: Gar nicht wenige Menschen glauben, diese Welt sei nur etwas für Kinder. »Wo ist denn der liebe Gott?«, fragen sie. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«
Aber: »Es gibt in der Welt Geheimnisse, die kann man nicht wissenschaftlich erklären. Man muss sie anders verstehen. Das Thema ›Gott‹ gehört dazu«.

Wenn das stimmt, dann verläuft die Suche nach Gott anders, als viele meinen. Wenn Gott im Letzten ein Geheimnis ist, dann kann man Gott nicht einfach sehen. Dann sind alle unsere Vorstellungen nur Krücken, tastende Versuche, uns dem Geheimnis Gottes zu nähern. Der Mensch, der mit Gott spricht, kann davon erfahren und das weitergeben.

Vielleicht habt gerade Ihr einmal Gelegenheit dazu. Denn mit der Konfirmation dürft Ihr nun Patin/ Pate werden. Wir haben ja beim letzten Unterricht mehr als 20 Aufgaben von Patinnen entdeckt und zusammengestellt. Sie gehen weit über die Gabe von materiellen Geschenken hinaus. Ich bin sicher, das habt Ihr durch eure eigenen Paten erlebt.

Die Welt des Glaubens geht nicht auf in unserer Welt der Berechnungen, Daten und Fakten. Im Märchen »Der kleine Prinz« – vielleicht der
Lehrerzählung schlechthin für uns moderne Menschen – heißt es bezeichnenderweise: »Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar«.
Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Die Welt der Wissenschaft ist faszinierend und hat uns viele Fortschritte gebracht.

Aber es gibt Dimensionen unserer Wirklichkeit, die lassen sich mit ihr nicht erfassen. Davon redet die Welt des Glaubens auf ihre eigene, symbolische Weise. Ich wünsche Euch, dass Ihr die Wirklichkeit dieser Welt des Glaubens gespürt habt. Und dass Ihr auch weiterhin Euren Platz in Eurer Kirchengemeinde findet. Dass Ihr dort angenommen werden und Euch wohl fühlt. Dass Ihr dort auch mit Euren Problemen aufgenommen werdet und Hilfe erfahrt.

Uns, den Mitarbeitenden in der Gemeinde und speziell im KU, war es wichtig, euch ein wenig auf den Geschmack zu bringen, euch einzuführen in diese geheimnisvolle Welt, die vielen Erwachsenen ferngerückt ist und nach der sich viele Menschen doch insgeheim sehnen. Der Welt, von der sich so mancher getragen weiß, sich völlig in Sicherheit fühlt und im Frieden.

Wir werden euch heute segnen, jede von euch Vieren. In der Schutzgebärde der Hände, die ich über euch halte, kommt zum Ausdruck: Was auch mit euch sein wird, wo ihr auch seid, wie es auch um euch steht: Ihr seid behütet und beschützt. In dieser Hinsicht kann euch nichts zustoßen. Die ganze Welt des Glaubens soll in dieser Geste aufleuchten.

Die Gewissheit, geborgen zu sein in Gott, soll euch tragen, euer Leben lang, was auch kommen mag.
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Christi Himmelfahrt

Den Gottesdienst hält Pfarrer Rolf Weiß.

Höher, schneller, weiter,…., liebe Gemeinde,
wenn das das Motto unserer Zeit ist, wenn sich darin der Zeitgeist ausdrückt, dann hätten wir doch mit Jesu Himmelfahrt einiges zu bieten, oder nicht? Das soll erst einmal jemand nachmachen: Ohne mechanische oder elektrische Hilfsmittel einfach so „auf und davon“.

Wenn Sie sich an den Bibeltext von eben erinnern, den Text aus der Apostelgeschichte, dann legt sich solch ein Verständnis von Himmelfahrt ja auch nahe.
Das Hinaufschweben in einer Wolke hat jahrhundertelang die christliche Kunst inspiriert. Und es hat natürlich irgendwie auch unser Verständnis geprägt. Schließlich beten wir im Glaubensbekenntnis: „Aufgefahren in den Himmel.“
Es ist schade, dass Himmel und Erde in unserem Verständnis soweit auseinandergerückt sind. In der Bibel gehören sie viel enger zusammen. „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, heißt es im allerersten Vers unserer Bibel. Himmel und Erde beschreiben als Zwillingspaar den Zusammenhang von Gottes guter Schöpfung.

„Himmelfahrt“ ist „Vatertag“, liebe Gemeinde.
Vielleicht wundert Sie, dass ich als Pfarrer das sage. Aber: Das soll nicht verwechselt werden mit ‘Männertag’ einschließlich Bierwagen und was noch so dazuzugehören scheint.
Hören wir darum noch ein paar Verse aus dem Joh. 17,20-26 i.A.:
20»Ich bete nicht nur für sie. Sondern ich bete auch für alle, die durch ihr Wort zum Glauben an mich kommen.21Sie sollen alle untrennbar eins sein, so wie du, Vater, mit mir verbunden bist und ich mit dir. …
24Vater, du hast sie mir anvertraut. Ich will, dass sie mit mir dort sind, wo ich dann bin. Sie sollen mich in meiner Herrlichkeit sehen, die du mir geschenkt hast. Denn du hast mich schon geliebt, bevor die Welt erschaffen wurde.25Gerechter Vater, diese Welt hat dich nicht erkannt. Aber ich habe dich erkannt, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast.26Ich habe dich bei ihnen bekannt gemacht und werde es weiter tun. Dann bleibt die Liebe, mit der du mich geliebt hast, auch bei ihnen. Und so bleibe ich mit ihnen verbunden.«

Dreimal spricht Jesus den himmlischen Vater in diesem Gebet an. Dreimal wendet er sich an die Person, von der er alles erwartet, der er um alles in der Welt vertraut, der allein er alles zutraut: Seinen Vater.
Ich weiß, dass das Verständnis von Gott als „Vater“ heute nicht mehr so selbstverständlich ist. Und ich weiß auch, dass vielen Frauen das Bild von Gott als einem Mann Schwierigkeiten bereitet und darum nicht mehr so einfach über die Lippen geht. Wichtiger ist hierbei jedoch das Vertrauensverhältnis, das mit dieser Anrede ausgedrückt wird.

Wir wenden uns mit dieser Anrede an einen Gott, der uns nah ist, der sich vom Himmel zur Erde, zu den Menschen begeben hat. Darum gilt für jeden von uns: Wenn du zu diesem Gott „Vater“ sagst, dann darfst du gewiss sein, dass er für dich ist wie ein guter Vater oder eine gute Mutter.
– Wie ein Vater, der dir eine Aufgabe stellt und dich damit nicht alleine lässt.
– Wie eine Mutter, die dich auffordert zum Handeln, der du dein Handeln aber getrost – auch unvollkommen und halbfertig- wieder in den Schoß legen darfst.

Ich denke, das alles kommt als Wunsch auch in dem Bibelvers zum Ausdruck, den Sie zur Taufe heute ausgesucht haben.

Johannes geht es in dieser Abschiedsrede um die „Verherrlichung“ Jesu. Sein Leben und Wirken als Mensch in dieser Welt ist nicht alles gewesen. Es findet einen krönenden Abschluss. Es gab Jesus schon vor der Zeit, und es wird ihn nach der Zeit geben.

Wir tun uns wahrscheinlich leichter, wenn wir ‘Himmelfahrt’ beschreiben als „Jesu Hinübergehen in die ‘Gotteswelt’“. Diese ist aber nicht irgendwo weit weg. Sondern das Reich Gottes ist mitten unter uns. Jesus verabschiedet sich. Aber wir wissen von ihm auch zuversichtlich: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Wie wäre das sonst? Wir lebten in einer „gottlosen“ Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten. Die Apostelgeschichte legt das nahe. Johannes dagegen hat Jesu Abschiedsrede vor seine Leidenszeit, vor die Passion, gestellt. Jesus bereitet damit seine Anhänger auf sein Weggehen vor. Gleichzeitig versichert er ihnen, dass sie nicht allein sein werden. Er verspricht ihnen den Tröster, den Heiligen Geist.

Jesu Abschiedsrede wird beendet mit einem inständigen Bittgebet. Er schließt darin nicht nur seine Freundinnen und Freunde ein, sondern auch künftige Generationen und Menschen, die noch nicht zur Gemeinde gehören: Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, damit sie alle eins seien.
Ein Missionstext? Ein Ökumene- Papier? Das wäre dann heute hier ein schöner Beitrag zum Ökumenischen Kirchentag, der gerade in Frankfurt begonnen hat.
Auf jeden Fall weisen die Verse in die Zukunft, – in die Zukunft, die für uns mit Jesus Christus schon begonnen hat. Aller Welt soll die frohe Botschaft bekannt werden. Alle sollen sie hören und sie mit allen Sinnen erfahren.

Johannes rechnet damit, dass die frohe Botschaft sozusagen „selbstredend“ wirkt. Sie findet Verbreitung, weil die anderen Leute von dem überzeugt werden, was die Christen da so machen – wie sie leben und lieben, wie sie beten und handeln.
Die Herrlichkeit ist die Einheit von Gott als Vater und Jesus als Sohn. Sie spiegelt die Liebe Gottes wieder. Die Christen untereinander sind also gedacht als Spiegelbild des innigen Verhältnisses von Gott und Christus.

Die Liebe Gottes ist die Richtschnur für unser Handeln. Jesus hat diese Liebe mit seinen Jüngern und seinen Begleiterinnen vorgelebt. In seiner Nachfolge sind sie und sind wir gehalten, diese Liebe unter den Menschen zu verbreiten.

Jesus kehrt zu seinem Vater, dem Ursprung aller Liebe zurück. Wir haben in der Welt seine Nachfolge angetreten. Einigkeit und Liebe kennzeichnen diesen Auftrag und diese Verheißung. Dafür danken wir in jedem Gottesdienst. Lassen Sie uns den Himmel verstehen als Horizont des Lebens! Gott lebt nicht in einem weit entfernten Himmel – irgendwo hinter den Sternen, sondern der Himmel ist da, wo Gott wirkt.

Amen.

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Exaudi

Den Gottesdienst hält Pfarrer Bönninger. 

Joh 7,37-39
Aber am letzten, dem höchsten Tag des Festes trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden, wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.

Liebe Gemeinde!
Jetzt gehen wir massiv auf Pfingsten zu. Die sogenannte österliche Freudenzeit neigt sich dem Ende entgegen. Am Donnerstag war schon Christi Himmelfahrt – für manche auch Vatertag genannt und normalerweise entsprechend gefeiert, und nächsten Sonntag ist dann Pfingsten. Der Predigttext lässt dieses Pfingsten schon erahnen. Er schlägt sozusagen eine Brücke zu diesem; Feiertag. Jesus bringt sein Wirken mit dem des Heiligen Geistes in Verbindung. Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! So sagt es uns; Jesus zu. Seinen Trost, seine Zuwendung. Was daraus folgt, sagt er auch:  Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden, wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen Wassers fließen. Der Trost, der von uns ausgeht. Die Zuwendung. Erst trinken, dann Wasser spenden. Mit diesem Bild vermittelt uns Jesus, was es bedeutet, an ihn zu glauben. Ihm zu vertrauen, seine Hoffnung auf ihn zu setzen. Wir können unseren geistlichen Durst bei ihm stillen. Wir können dann auch den geistlichen Durst anderer stillen, weil wir an ihn glauben. Und hier kommt Pfingsten ins Spiel. Die Aussicht auf den Heiligen Geist. Das Warten auf den Heiligen Geist. Oder wie es der Evangelist Johannes schreibt: Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.

Der heutige Sonntag, der Sonntag Exaudi, steht genau an dieser Stelle im; Kirchenjahr. Jesus schon in den Himmel aufgefahren, der Geist aber noch nicht da. Ein Brückentag sozusagen. Eine Brücke auch vom Ich zum Wir. Bei Jesus kann ich meinen Durst stillen, durch den Heiligen Geist können wir uns sozusagen gegenseitig satt machen. Vom Ich zum Wir.
Das Ich, der Mensch an sich, der einzelne Mensch. Der Begriff riecht uns vielleicht verdächtig nach falscher Innerlichkeit. Die gibt es ja auch in der Tat; eine falsche Innerlichkeit. Eine, die sich nicht mehr schert um soziale Belange und gesellschaftliche Verantwortung. Eine, die sich nur noch um die eigene Seele kümmert und nicht mehr die leibliche Not des anderen sieht. Eine solche falsche Innerlichkeit meint Jesus gerade nicht.
Und deshalb ist seine Rede vom Menschen, dem dürstet, gerade für uns heute so wichtig.

Denn wir neigen heutzutage dazu, gerne ins andere Extrem zu verfallen; in eine falsche Äußerlichkeit sozusagen. Äußerlichkeiten sind das, was heut am meisten zählt. Immer mehr leben wir in einer veräußerlichten Welt. Eine Welt, in der man glaubt, alles in den Griff kriegen zu können. In der man glaubt, alles, was machbar ist, auch machen zu dürfen. Da möchte man als Christ doch gerne ein anderes Jesuswort zitieren in der schönen alten Lutherübersetzung: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele“. Der innere& Mensch stört, weil er nicht statistisch zu erfassen ist, weil er mehr ist als ein Wirtschaftsfaktor, weil er mehr braucht als Konsum. Ich las einen Satz, nach dem neben Seehunden, Nashörnern und bengalischen Tigern, der inwendige Mensch eine der bedrohtesten Arten sei in unserer; veräußerlichten Welt. Das ist vielleicht ein wenig übertrieben, aber es zeigt die Richtung, in die es geht. Sich auf den inwendigen Menschen zu besinnen, sich auf das Ich zu besinnen, ist nicht gleich ein Zeichen von falscher Innerlichkeit. Es ist die Besinnung darauf, dass der Mensch doch so etwas wie eine Seele hat, und die kann nicht verkauft werden oder in ihrem Wert berechnet. Und wenn doch jeder Mensch so eine Seele hat, so hat er auch eine Würde, die ihm nicht zu nehmen ist.

Eine unantastbare Würde. Die Würde des Menschen ist unantastbar, so steht es im Grundgesetz. Da steht nicht: Die Würde des deutschen; Menschen. Da steht nicht: Die Würde des produktiven Menschen. Da steht nicht: Die Würde des schönen und starken Menschen. Da steht : Die Würde des Menschen. Also auch: Die Würde des Flüchtlings, des Immigranten, die Würde des Arbeitslosen, des Hartz IV Empfängers, die Würde des alten Menschen, des behinderten Menschen. Ja auch die Würde des geistig ein; wenig beschränkten Menschen ist unantastbar. Man darf ihn nicht bloßstellen im Fernsehen durch Sendungen wie „Schwiegertochter gesucht“ oder so manche Casting Show. Und auch die Würde des Anders Denkenden ist unantastbar. Man darf ihn nicht mit dem Tod bedrohen in irgendwelchen Internetforen, oder ihn auf das übelste beleidigen, so wie das zur Zeit immer öfter geschieht.

Der Mensch hat eine Würde und eine Seele. Und die Seele kann ganz schön verletzlich sein. Der inwendige Mensch trägt seine Wurzeln nicht nur in sich selbst. Das zu bedenken ist wichtig. Es befreit. Es befreit von dem Wahn, alles aus sich selbst heraus zu können. Kein Mensch kann sich selbst erlösen. Das kann nur Christus. Er kann uns befreien, indem er uns annimmt, wie wir sind. Indem er unseren Durst stillt, wie es Jesus hier sagt. Er überfordert unsere Seelen nicht. Im Glauben an ihn haben wir Gegenüber, dem wir uns anvertrauen können. Gerade auch in unseren Unzulänglichkeiten. Gerade auch dann, wenn wir unsere Seelen wundgescheuert haben, wenn wir unsere Gefühle nicht im Griff haben, auch gerade in Trauer und Not. Der Glaube an Jesus Christus kann den inwendigen Menschen stärken und trösten. An wen sollte man sich sonst wenden, wenn man zum Beispiel einen geliebten Menschen verloren hat? Einen Menschen, der eben noch da war und jetzt plötzlich nicht mehr. Wo sonst ist Trost zu finden, wenn man schier untröstlich ist, wenn nicht in der Hoffnung auf unseren Herrn?

Dieser Glaube bringt den Menschen dazu, auch selbst die Liebe Gottes weiterzugeben. Selbst lebendiges Wasser zu spenden. Diese Liebe, sie folgt aus dem Geist Gottes, der den inwendigen Menschen stärkt. Die Liebe Gottes spüren und weitergeben, das ist nur möglich durch den Heiligen Geist. Liebe wird immer konkret in der Zuwendung. In der Zuwendung Gottes zu uns, dann aber auch in der Zuwendung untereinander. Wir mögen alle sehr unterschiedliche Menschen sein, mit unterschiedlichen Ansichten, mit unterschiedlichen Temperamenten, vielleicht auch mit unterschiedlichen Grundeinstellungen. Da gibt es welche, die nehmen alles locker – vielleicht auch mal zu locker. Da gibt es andere, die nehmen alles ernst – vielleicht auch mal zu ernst. Wir mögen auch alle sehr unterschiedliche Aufgaben haben; in der Familie, im Beruf, in der Gesellschaft und auch hier in der Gemeinde. Jeder mag anders sein, aber vor Gott darf jeder er selbst sein. Wir alle gründen unseren Glauben auf denselben Gott. Hier liegt unsere Wurzel. Und dementsprechend sollen wir auch miteinander umgehen. Nicht so sehr auf das sehen, was uns untereinander trennt, sondern auf das, was uns verbindet. Was uns verbindet ist Christus, der unseren Durst stillt und uns zum Nächsten weist.
So schlägt unser Predigttext heute eine Brücke zu Pfingsten. Er bereitet uns darauf vor. Der Glaube befreit uns, weil wir glauben dürfen, dass Christus unseren Durst stillt. Dass er uns annimmt, wie wir sind. Er lässt uns in der Liebe Gottes verwurzelt sein, eine Liebe, die wir weitergeben können. So wie Jesus es uns heute zusagt: Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.
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Pfingstsonntag

Die Predigt hält Herr Pfarrer Weiß.)
Textlesung: Johannes 14, 15-27

„Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“ Haben Sie sich das auch schon manchmal gefragt? Oder kommt Ihnen diese Frage irgendwie bekannt vor, liebe Gemeinde?!

Die Antwort lautet – etwas abgekürzt – : „Dass ich mit Leib und Seele … im Leben und im Sterben … nicht mein…, sondern meines getreuen Heilandes Jesu Christi eigen bin …“

Frage und Antwort stehen im Heidelberger Katechismus, einer der Bekenntnisschriften unserer Kirche. Ja, als Frage eins haben sie dort sogar eine ganz herausragende Bedeutung. Sie sind sozusagen ein kurz gefasstes Glaubensbekenntnis. Mit einem Satz wird darin zusammengefasst, was auf den folgenden Seiten als Inhalte des Glaubens entfaltet werden: Jesus Christus sorgt für mich und mein Leben.
Alles, was zu mir gehört, liegt in seiner Hand.
Alles, was auf mich zukommen wird, ist bei/ in ihm gut aufgehoben.
Alles, was ich erlebe, verdanke ich ihm.

UND MIT PFINGSTEN FEIERN WIR DAS FEST, DASS DAS MÖGLICH IST!

Jesus Christus sorgt für mich und mein Leben.

In der dichten, manchmal etwas geheimnisvollen Sprache des Johannesevangeliums zielt Jesu Weg zum Tod am Kreuz,
auf sein Leiden und sein Sterben hin,
aber eben auch auf seine Auferstehung, auf die Verherrlichung Gottes hin.

Alles, was so vor sich geht, gereicht zur Ehre Gottes. Dem bangen und ängstlichen Fragen der Jünger in der Situation des Abschieds, ihrer Traurigkeit und ihrer, sagen wir: ‘Weltangst’ stellt Jesus die Verheißung des „Parakleten“ gegenüber.

>Ein seltsames Wort, nicht? Nur die Geübten unter Ihnen werden es kennen. Es ist ein griechisches Wort. Martin Luther hat es mit „Tröster“ übersetzt. Ganz ursprünglich heißt es der „Herbeigerufene“.
In einem Predigttext war vom „Geist der Wahrheit“ die Rede. Beistand, Anwalt, Fürsprecher, Beschützer, Helfer.

All das gibt richtig wieder, was sonst auch: „Heiliger Geist“ meint.

Dieser Tröster, dieser Beistand hat mehrere Gaben, verschiedene Aufgaben. Er trägt in sich zunächst die Kraft der Erinnerung. Indem und weil er da ist, bleibt auch Jesus gegenwärtig. Durch das Wirken dieses Geistes ist diese Gegenwart Jesu eigentlich schon mehr als eine Erinnerung, die wir rein gedanklich und vielleicht gefühlsmäßig vollziehen. Sie ist Teil der Wirklichkeit, der gegenwärtigen Realität.

Sie wissen: ‘Wirklichkeit’ ist ja nicht nur das, was wir mit Händen greifen. Zur Wirklichkeit gehört alles das, was Menschen wahrnehmen, was sie beschreiben können. Ja, es gehört sogar das dazu, was sie denken. Auch das existiert dann wirklich.

Dass Jesus Christus im Glauben in seinen Jüngern wohnt, das wird mit diesem Pfingstwunder zur grundlegenden Erfahrung nach Jesu Tod und Auferstehung. Pfingsten als die „Einwohnung des Geistes“ in den Menschen, wie es in einer älteren Formulierung heißt, – das überbietet alle Vorstellungen, die es bis dahin gegeben hat. In den Mose- Büchern können wir zwar lesen, dass Gott bei seinem Volk ist. Aber vom Geist in den Menschen ist dort nicht die Rede.

Was meint Jesus mit diesem „Wohnung nehmen“ in den Menschen? Wo und wie gewinnt der Heilige Geist heute Raum im persönlichen und gemeinschaftlichen Leben von uns Christen?
Um was für eine „Wohnung“ geht es? Viele Arten von Wohnungen kennen wir: Ein Hotelzimmer, ein möbliertes Zimmer, ein Appartement, eine Mehr-Raum-Wohnung, ein eigenes Haus.
Wir kennen Besuch, Asyl, Bleiberecht, Abschiebezellen auf dem Flughafen, Hausbesetzungen, das ‚Leibgeding’ für alte Menschen, die letzte Ruhestätte auf dem Friedhof.
Und wir kennen aus der Bibel auch den menschlichen Körper als Wohnung Gottes, als seinen Tempel.

Die Art und Weise, die Dichte der Wohn-Gemeinschaft von Gottvater und Gottsohn lebt von der Liebe zu Jesus und zu seinem Wort. Jesu Worte, seine Gebote bleiben durch die Kraft der Erinnerung, d.h. durch das Wirken des Parakleten lebendig. Unser Verständnis der Heiligen Schrift, unser Verstehen der Worte Jesu vollzieht sich in der Kraft des Heiligen Geistes. Ohne ihn läuft nix.
Nur er macht uns Geist- reich. Wer aber ohne den Geist redet, redet geistlos. Wer den Geist los ist, ist nicht nur ‘von allen guten Geistern’ verlassen, sondern es ist mehr als das, und so jemand ist schlimmer dran.

Damit ist die zweite Funktion des Parakleten schon angesprochen: Er ist der Lehrer, der uns die Liebe von Gottvater und die Worte seines Sohnes einprägt. Ich habe einmal gelesen: „Wo wir von Jesus nicht mehr loskommen, wo er uns in Bewegung hält, wo wir ihn lieb bekommen, weil wir sehen, dass bei ihm das Leben wieder einen Sinn erhalten hat, da ist nach Johannes der Heilige Geist am Werk, ohne dass er je von besonders auffälligen Erscheinungen redet.“

Der Geist der Wahrheit, der Paraklet ist also sicher eine andere Art von Lehrer, als wir sie aus der Schule kennen. Aber auf jeden Fall ist er eine ganz besondere Art von ‘Sprachlehrer’.

Wir kennen das ja aus der Apostelgeschichte: Seit dem Turmbau zu Babel versteht die Menschheit sich nicht mehr. Nicht weil sie schwerhörig geworden ist. Nicht weil sie gerade mal unaufmerksam ist. Nicht weil gerade ein Flugzeug zur Warteschleife ansetzt. Nein! Die Menschheit versteht sich nicht mehr, weil ihre Sprachen so unterschiedlich geworden sind. Romanisch, germanisch, slawisch – und was es noch alles für Ursprünge gibt. Sie sind soweit auseinander, dass nicht mehr von einer gemeinsamen Sprache die Rede sein kann.

Von Babel nach Pfingsten. Den Abschluss, das Ergebnis dieser Zeit- Reise, das ist es, was wir mit diesem Fest heute und morgen feiern. Das ist das große Geschenk Gottes an die Menschen. Pfingsten.

Die Menschen überwinden ihre Sprachlosigkeit. Die Menschen verstehen einander wieder. Die Menschen haben einander etwas zu sagen. Sie reden in Sprachen, die sie nie gelernt haben im Sinne von schulischem Lernen. Sie können ihre Heimatsprachen erkennen, ohne dass jemand gedolmetscht hätte. Sie wissen sofort, was die anderen ihnen zu sagen haben.

Vielleicht bestünde darin das Sprachwunder, das wir heutzutage bräuchten. Die Menschen lernen, einander zu verstehen. Sie achten darauf, was die anderen ihnen zu sagen haben.

Vor einigen Jahren fand in Kanada die 7. VV des WCC statt. Sie hatte zum Thema: „Komm Heiliger Geist – erneuere die ganze Schöpfung!“ In ihrem Eröffnungsvortrag sagte die koreanische Theologin Chung Hyun Kyung u. a.:

„Der Geist des Mammons konnte den Geist unseres mitleidenden Gottes nicht überwinden. Gott hat uns nicht der Verzweiflung überlassen. Gott hat es uns ermöglicht, das Leben zu wählen. Als Gottes Geist am Pfingsttag auf die Menschen kam, hat Gott sich ihrer gebrochenen Herzen angenommen und sie zur Nachfolge aufgerufen. Ihr Alptraum, Zeugen von Jesu Tod zu sein, ist zu einer apokalyptischen Vision einer neuen Welt geworden. Die bitteren Tränen, die Maria und Rahel um ihre toten Kinder geweint haben, sind zur Grundlage einer neuen Gemeinschaft zum Leben geworden.“

Für den Weg des Lebens, der vom Geist geleitet wird, erachtet sie drei Veränderungen für notwendig:

1} Der Mensch, v. a. der westliche aus den Industriestaaten, ist nicht mehr allein das Maß aller Dinge. Natur und Erde mit den Tieren sind als Teile von Gottes Schöpfung genauso ernst zu nehmen.
2} Das menschliche Leben darf nicht weiter in mehrere Teile auseinander dividiert werden. Die verschiedenen Lebensbereiche, verschiedene Kulturen, eigentlich alles, wo wir gerne ein „und“ dazwischen schreiben (Männer und Frauen, Kirche und Welt, Arme und Reiche, Junge und Alte …) müssen als Zusammenhang betrachtet werden, weltweit.
3} Wir müssen eine „Kultur des Lebens“ erlernen. „…damit wir klug werden“, wie es im Psalm 90 heißt. Handelsabkommen, die die reichen Multis in den reichen Ländern noch reicher machen, gehören in die Mottenkiste! Waffen sind „out“, Gewalt trächtige Auseinandersetzungen für Christen tabu.

Das trifft sich außerordentlich gut mit Jesu „Schlusswort“ in seiner Pfingstpredigt bei Johannes (14, 27): Meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.

Der Frieden, von dem Jesus spricht, hat nämlich mit dem jüdischen ‘Shalom’ zu tun. Das ist Wohlergehen pur. Gesundheit, Frohsinn, Freundinnen und Freunde, zufrieden stellende und für den Unterhalt ausreichende Arbeit, Nahrung, Zufriedenheit, ringsherum schöne und gesunde Natur.

Frieden in und mit all seinen Dimensionen.

Klar: Solches Denken sprengt unsere Schwarz- weiß- Schemata. Und solcher Frieden ist natürlich auch etwas ganz anderes als reine Innerlichkeit. Wir sollten auf jeden Fall darüber nachdenken!

Auch wenn uns das ein wenig unheimlich vorkommt.
Auch wenn das Arbeit macht.
Auch wenn wir danach einiges verändern müssen.
Uns zum Beispiel.
Aber Jesus tröstet uns und weist uns in die Zukunft:

Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.

Denn wir wissen ja: Der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

Frohe und gesegnete Pfingsten!
Amen.

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Pfingstmontag

Am Pfingstmontag wurde in Diedelsheim kein Gottesdienst gehalten.
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Trinitatis

Den Gottesdienst hält Pfarrer i.R. Martin Schneider.

Lesung und Predigttext: Johannes 3,1-8 – Neu geboren werden durch den Geist
1 Unter den Pharisäern gab es einen, der Nikodemus hieß. Er war einer der führenden Männer des jüdischen Volkes.
2 Eines Nachts ging er zu Jesus und sagte zu ihm: »Rabbi, wir wissen: Du bist ein Lehrer, den Gott uns geschickt hat. Denn keiner kann solche Zeichen tun, wie du sie vollbringst, wenn Gott nicht mit ihm ist.«
3 Jesus antwortete: »Amen, amen, das sage ich dir: Nur wenn jemand neu geboren wird, kann er das Reich Gottes sehen.«
4 Darauf sagte Nikodemus zu ihm: »Wie kann denn ein Mensch geboren werden, der schon alt ist? Man kann doch nicht in den Mutterleib zurückkehren und ein zweites Mal geboren werden!«
5 Jesus antwortete: »Amen, amen, das sage ich dir: Nur wenn jemand aus Wasser und Geist geboren wird, kann er in das Reich Gottes hineinkommen.
6 Was von Menschen geboren wird, ist ein Menschenkind. Was vom Geist geboren wird, ist ein Kind des Geistes.
7 Wundere dich also nicht, dass ich dir gesagt habe: ›Ihr müsst von oben her neu geboren werden.‹
8 Auch der Wind weht, wo er will. Du hörst sein Rauschen. Aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. Genauso ist es mit jedem, der vom Geist geboren wird.«

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde,
zum heutigen Sonntag haben wir als Lesung das Evangelium gehört. Der Evangelist Johannes berichtet von einer Begegnung und einem Gespräch zwischen Jesus und Nikodemus, einem führenden Vertreter aus dem Kreis der Pharisäer. Nikodemus ist nicht irgendeiner; er gehört zu denen, die es ernst meinen mit ihrem Glauben; streng gegen sich und andere, wenn es um das Gesetz geht. Einer der sich auch auskennt und dem viele vertrauen. Warum sucht er das Gespräch mit Jesus und warum tut er das im Schutz der Dunkelheit?

Sicher handelt er nicht im Auftrag seiner Freunde. Keiner soll erfahren, dass er diesen Rabbi aufgesucht hat. Offenbar ist er nicht nur ein Fachmann für religiöse Fragen, sondern auch ein Suchender, ein Fragender. Das macht ihn sympathisch. Er eröffnet das Gespräch nicht mit einer Frage, sondern einer Feststellung, die mehr ist als ein Kompliment. Du bist ein Lehrer, den Gott uns geschickt hat. Aber darauf geht Jesus nicht ein. Er gibt dem Gespräch vielmehr eine ganz andere Wendung, er geht ohne alle Umschweife gleich ins Zentrum, nämlich zu der Hauptfrage: Wie kommt ein Mensch zu Gott? Wie kommt er zum wahren Leben. Er weiß, darum geht es letztlich seinem Besucher und nicht um den Austausch von höflichen Komplimenten und auch nicht um eine theoretische Diskussion um die Frage, wer denn Gott sei.

Es scheint ja, dass dieser Trinitatis – Sonntag in diese Richtung zu weisen hat. Es geht doch um das Geheimnis Gottes. Ja ganz gewiss, aber dieser Dreieinige Gott ist der, der nach uns fragt. Er der Vater, hat uns erschaffen, Er, der Sohn, hat uns befreit, Er, der Hl. Geist wirkt und arbeitet an uns. Ohne diesen Geist Gottes, ohne die Kraft, die von ihm ausgeht, findet keiner den Weg zu Gott. Er bewirkt eine Wendung für unser Leben, ja einen Neuanfang; darum also die Rede von einer Geburt.

Aber was ist damit gemeint und wie soll das gehen, fragt Nikodemus zu Recht. Geburt, das bedeutet: Ganz neu anfangen. Manchmal träumen wir davon. Einmal ganz neu anfangen, noch einmal eine Chance bekommen, dem Leben eine andere neue Wendung zu geben. Aber auf der anderen Seite, wollen wir das wieder nicht. Derzeit hoffen alle auf eine Rückkehr in die alten gewohnten Bahnen und Gleise, das Ende aller Einschränkungen. Wir wollen also einen Neuanfang, aber einen, der alles lässt, wie es war. Das kann wohl nicht gehen.

Ein Neuanfang, der diesen Namen verdient, bedeutet eine Richtungsänderung, eine ganz neue Orientierung. So war das bei den Menschen, die Jesus in seine Nachfolge berufen hat, so ist das bei allen, damals wie heute, bei denen der Glaube an Jesus Christus das Leben prägt und ausrichtet. Dafür gibt es viele Beispiele, aber lassen wir einen sprechen, der Jesus ganz besonders nahestand: Der Apostel Petrus schreibt in seinem Brief: Gelobt sei der Gott und Vater unsers Herrn Jesus Christus. In seiner großen Barmherzigkeit hat er uns sozusagen neu geboren. Durch die Auferstehung von Jesus Christus aus dem Tod hat er uns eine lebendige Hoffnung geschenkt. (1Petr.1, 3) Neu geboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Ein Wiedergeborener, das ist einer, dem der Geist Gottes den Glauben die Hoffnung und die Liebe geschenkt. Er ist ein Kind des Geistes, um noch einmal Jesus zu zitieren.

Zum Schluss, was wird aus unserem Nikodemus? Was wird aus dem Mann, den Jesus so direkt und unvermittelt mit der Wahrheit konfrontierte? Nun, wir erfahren an dieser Stelle nicht, wie dieses Gespräch zu Ende ging. Nikodemus begegnet uns auch nicht als Jünger; aber er begegnet uns wieder als einer, der sich im Hohen Rat als einziger gegen eine schnelle Verurteilung Jesu ausspricht (Joh 7, 50-52) und noch einmal, als Jesus gestorben war, begegnet er uns und sorgt für ein würdiges Begräbnis von Jesus mit der Stiftung einer wertvollen Gewürzmischung für die Salbung des Leichnams (Joh 19,39). Was schließen wir daraus?

War er ein neu Geborener, hatte er sich damit zu Jesus bekannt als dem Sohn Gottes? Das bleibt uns verborgen; aber eines ist sicher: Das Gespräch mit Jesus war nicht ohne Folgen geblieben; der Geist Gottes war in ihm am Werk. Der Geist, der auf so wunderbare Weise wirkt und arbeitet, manchmal ganz in der Stille.

Lasst uns darum bitten, dass auch wir das erfahren, dass wir offen sind für einen Neuanfang für ein Leben mit einer Hoffnung, die trägt und uns am Ende zum Ziel bring. Amen.
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